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Die Themen der Verhandlungen zum FAG 2024

Mittelverteilung im Finanzausgleich, 2021.
Mittelverteilung im Finanzausgleich, 2021.

Seit dem politischen Start der Verhandlungen zum Finanzausgleichsgesetz (FAG) 2024 werden die Themen des Finanzausgleichs deutlicher. Sowohl Städtebund, Gemeindebund als auch die Länder[1] haben Forderungen veröffentlicht. Hier finden sich Dauerbrenner wie Gesundheit, Pflege und Bildung. Der Klimaschutz kommt als neues Thema dazu. Für diese Aufgaben wollen die Länder und die Gemeindeebene mehr Mittel.

Der Bund hält sich in der Öffentlichkeit hingegen mit Forderungen zurück. Durchgesickert ist jedoch, dass er sich eine Beteiligung von Ländern und Gemeinden für die während der Pandemie und Energiekrise geleisteten Hilfspakete wünscht. Diese sind in den letzten Jahren über Schulden finanziert worden, eine Gegenfinanzierung erfolgte bisher nicht. Dadurch entsteht eine schwierige finanzielle Ausgangslage für alle drei Gebietskörperschaftsebenen, was die Verhandlungen herausfordernd machen wird.

Was der Finanzausgleich umfasst

Bevor nachfolgend auf einzelne Themen, über welche verhandelt wird, eingegangen wird, ist es wichtig zu verstehen, worüber bei den Finanzausgleichsverhandlungen diskutiert werden kann. In den letzten Jahren hörte man als Gegenargument für Reformen in einzelnen Aufgabenbereichen wie Gesundheit, Pflege oder Bildung häufig „Das ist bei den Finanzausgleichsverhandlungen zu klären.“ Doch in der Praxis zeigt sich, dass diese Erwartungen nicht erfüllt werden können. Nur in den seltensten Fällen ist bei den Verhandlungen zum Finanzausgleich Platz für echte Aufgabenreformen.

Vielmehr geht es um Mittelzuteilungen. Im Finanzausgleichsgesetz wird erstens die Abgabenhoheit festgelegt, welche bestimmt, welche Gebietskörperschaftsebene welche Abgaben einheben darf. Zweitens wird die Verteilung der gemeinschaftlichen Abgaben im Wege der Ertragsanteile auf Bund, Länder und Gemeinden geregelt. Drittens werden Finanzzuweisungen und Kostentragungen des Bundes festgelegt, wie etwa der Kostenersatz für Landeslehrerinnen und -lehrer, diverse direkte Zuschüsse (z.B. für eine nachhaltige Haushaltsführung der Länder) oder die Dotierung diverser Fonds (z.B. Pflegefonds, Strukturfonds für Gemeinden). Viertens wird im Finanzausgleichsgesetz auch die Basis für die vielfältigen Transferbeziehungen zwischen Ländern und Gemeinden gelegt (v.a. Landesumlage, Gemeinde-Bedarfszuweisungen). Das Zusammenspiel dieser Elemente bestimmt die Mittelausstattung der Gebietskörperschaften aus dem Finanzausgleich (siehe Abbildung 1). Näheres kann unseren aktualisierten Factsheets „Finanzausgleich Kompakt 2023“ entnommen werden.

Mittelverteilung im Finanzausgleich, 2021.
Mittelverteilung im Finanzausgleich, 2021.

Politisch relevant ist das Paktum zum Finanzausgleich, welches ergänzende Vereinbarungen zum Finanzausgleichsgesetz enthält. Hier finden sich etwa die Kostendämpfungspfade in den Bereichen Gesundheit und Pflege, gemeinsame Bekenntnisse zu Reformen im Finanzausgleich (z.B. Aufgabenorientierung, Transferreform) und zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit (z.B. Klimaschutzkoordinierungsmechanismus, Transparenzdatenbank).

Darüber hinaus sind auch mehrere rechtliche Regelungen an das Finanzausgleichsgesetz geknüpft, wie etwa die Zielsteuerung Gesundheit, die Ausbauprogramme zur elementaren Bildung und zur Ganztagsschule oder diverse Fonds (z.B. Pflegefonds, Katastrophenfonds, Siedlungswasserwirtschaftsfonds).

Es gibt daher sehr vielfältige Anknüpfungsmöglichkeiten für Diskussionen. Bisher haben sich die folgenden Verhandlungsthemen herauskristallisiert.

Vertikale Verteilung – Änderung des allgemeinen Schlüssels zugunsten von Ländern und Gemeinden

Im Zeitverlauf kommt es zu Veränderungen in der Aufgabenerbringung. Im Bereich Gesundheit und Pflege kommt es aufgrund er demografischen Entwicklung zu Mehrbedarfen. Hinzu kommen Qualitätsverbesserungen oder etwa im Fall von Kinderbetreuung und Ganztagsschulen zu Angebotserweiterungen. Dies wirkt sich auch auf die Ausgabenentwicklung der Gebietskörperschaften aus. Länder, Städte und Gemeinden sehen sich daher vor immer größeren finanziellen Herausforderungen, weshalb sie eine Änderung des vertikalen Schlüssels im Finanzausgleich zu ihren Gunsten fordern. Dies ist jener Schlüssel, welcher die gemeinschaftlichen Abgaben auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt (siehe Abbildung 1). Dieser ist seit Jahrzehnten trotz sich verändernder Aufgaben weitgehend gleich geblieben.

Nachhaltige Finanzierung für Gesundheit, Pflege

Gemäß Bericht des Fiskalrates über die fiskalische Nachhaltigkeit ist langfristig von einem besonders starken Anstieg der öffentlichen Ausgaben für Gesundheits- und Pflegeleistungen von 7,1% des BIP bzw. 1,2% des BIP (2019) auf 9,9% des BIP bzw. 3,1% des BIP (2070) auszugehen. Überdurchschnittliche Steigerungen werden dabei in Aufgabenfeldern erwartet, welche von Ländern und Gemeinden gemeinsam getragen werden (z.B. Krankenanstalten, Pflegedienstleistungen).

Die Bundesländer, der Österreichische Städtebund und der Gemeindebund fordern daher eine nachhaltige Finanzierbarkeit dieser beiden Aufgabenbereiche. Umgesetzt werden soll dies durch eine Reform der vertikalen Verteilungsschlüssel zulasten des Bundes sowie mit Strukturreformen insbesondere im Gesundheitsbereich.  

Finanzierung des Ausbaus der elementaren Bildung und von Ganztagsschulen

Im Bereich der Elementarpädagogik und bei Ganztagsschulen bestehen seit mehreren Jahren Ausbauprogramme, welche primär als Anschubfinanzierung konzipiert sind. Durch den Ausbau entstanden vor allem den Gemeinden erhöhte Ausgaben für den laufenden Betrieb, welche über den Finanzausgleich bisher nicht berücksichtigt wurden.

Sowohl der Österreichische Städtebund als auch der Österreichische Gemeindebund fordern daher eine dauerhafte und nachhaltige Finanzierung für den Betrieb der elementaren Einrichtungen sowie der Ganztagsschulen.

Investitionen in Klimaschutz sowie Klimawandelanpassung

Damit Österreich die gesteckten Klimaziele erreichen bzw. drohende Strafzahlungen abwenden kann, sind auch durch die öffentliche Hand enorme Investitionen zu tätigen. Der Bund setzte hierfür bereits mehrere Förderprogramme auf (z.B. Umweltförderung im Umland, Sanierungsoffensive, Klima- und Energiefonds, Siedlungswasserwirtschaft, Hochwasserschutz).

Insbesondere auf der Gemeindeebene besteht enormes Potenzial durch eine klimafreundliche Gestaltung der öffentlichen Infrastruktur. Dies bedeutet die Notwendigkeit von thermischen Sanierungen, Umrüstung von Heizsystemen, Umstellung auf alternative Energien und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Hinzu kommen Bedarfe im Bereich der Klimawandelanpassung, etwa mit Maßnahmen gegen Hitzeinseln im städtischen Gebiet oder der Hochwasserschutz. Der Bund hat hier jüngst mit dem kommunalen Investitionsprogramm 2023 zusätzlich 500 Mio. Euro für die Finanzierung dieser Maßnahmen zur Verfügung gestellt.

Vor allem vom Österreichischen Städtebund wird eine Finanzierung der Klimaschutzmaßnahmen gefordert, welche sich stärker an den Bedarfen orientiert und eine Planungssicherheit für Gemeinden herstellt. Insbesondere im öffentlichen Verkehr werden sich in den nächsten Jahren enorme Finanzierungsbedarfe für die Städte zur Realisierung der Mobilitätswende und Dekarbonisierung des Busverkehrs ergeben. Der Städtebund fordert daher die Einrichtung von zwei konstanten Finanzierungsfonds für Maßnahmen im Bereich Klimaschutz und Klimawandelanpassung einerseits sowie zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs andererseits. Der Gemeindebund fordert mehr Mittel für den Mikro-ÖV im ländlichen Raum.  

Abgabenautonomie – v.a. Grundsteuer

Zur Stärkung der Abgabenautonomie der Gemeinden wäre die Absicherung der Grundsteuer ein wichtiger Schritt. Dies wurde auch in der Vergangenheit von allen FAG-Partnern so gesehen, weshalb in der Vergangenheit eine Reform in mehreren Arbeitsgruppen vorangetrieben wurde. Bisher fehlt jedoch ein abschließendes Ergebnis. Dies ist kritisch zu sehen, da einerseits die jetzige Regelung verfassungsrechtlich auf unsicheren Beinen steht und andererseits die Grundsteuer aufgrund der fehlenden Kopplung an die Grundstückspreisentwicklung zunehmend an Bedeutung verliert.  

Sowohl der Österreichische Städtebund als auch der Gemeindebund fordern daher die Umsetzung einer Grundsteuerreform.  

Die Grunderwerbsteuer kommt ebenfalls zu einem hohen Maße den Gemeinden zugute und ist vom Aufkommen her deutlich über der Grundsteuer. Von Seiten des Bundes wurde Anfang 2023 der Entfall der Grunderwerbsteuer in Diskussion gebracht. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass dies eine Schwächung der kommunalen Abgabenautonomie bedeuten würde.

Herausfordernde Verhandlungen stehen bevor

Noch ist nicht abzusehen, wie sich die Verhandlungen in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln. Klar ist, dass alle drei Gebietskörperschaftsebenen darum ringen, künftig ihre finanzielle Basis zu sichern. Dies wird nicht alleine durch Anpassungen der Mittelzuweisungen auf die drei Ebenen gelingen, sondern es wird auch grundlegende Reformen sowohl im Finanzausgleich als auch in einzelnen Aufgabenbereichen bedürfen. In den KDZ-Empfehlungen für die Finanzausgleichsverhandlungen haben wir einige wichtige Punkte ausgeführt, welche bei den Verhandlungen hoffentlich Einzug finden.  

[1] Diverse Presseaussendungen und Medienberichte

Milluks Kerstin
Kerstin Milluks | Bundesministerium für Inneres (Deutschland)
Die CAF-Webinare und die Kooperation mit dem KDZ haben uns dabei sehr unterstützt, das Qualitätsnetzwerk der öffentlichen Verwaltung in Deutschland zu stärken.
Petra Holl
Amtsleiterin Petra Holl | Oberalm
Die Teilnahme an Seminaren des KDZ bedeutet für meine Mitarbeiter*innen und mich, gut vorbereitet auf die Herausforderungen der täglichen Arbeit zu sein.
Mag. Thomas Wolfsberger
Mag. Thomas Wolfsberger | Finanzdirektor der Stadt St. Pölten
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