Coronavirus
Öffentliche Finanzen und Föderalismus | Blog

Erweiterung des Gemeindepakets – Wird es reichen?

Die Coronakrise hat bei den Gemeinden zu deutlichen Einnahmeneinbußen geführt. Dadurch stand eine Gefährdung der Erbringung der Daseinsvorsorge durch die Gemeinden sowie ein Einbruch der kommunalen Investitionstätigkeit im Raum. Nach einem ersten Schritt des Bundes im Sommer 2020 zur Absicherung der kommunalen Investitionen (Kommunales Investitionsprogramm 2020) in der Höhe von 1 Mrd. Euro wird nun das Gemeindehilfspaket um weitere 1,5 Mrd. Euro deutlich aufgestockt.

Die nun angekündigten Maßnahmen umfassen insbesondere:

  1. Aufstockung der Ertragsanteile der Gemeinden um 400,0 Mio. Euro bei der Zwischenabrechnung im März 2021.
  2. Sonder-Vorschüsse auf die Ertragsanteile der Gemeinden, im Jahr 2021 iHv. rd. 1.000,0 Mio. Euro. Die Rückzahlung beginnt frühestens im Jahr 2023.
  3. Aufstockung des Strukturfonds im Jahr 2021 um 100,0 Mio. Euro

Hierzu unsere Einschätzung:

Liquidität für 2021 sollte gesichert sein

Jedenfalls positiv einzuschätzen ist, dass die nunmehrige Ergänzung die längst fällige Problematik der Liquiditätssicherung aufgreift. Ohne entsprechender Hilfen gingen wir in unseren Prognosen davon aus, dass 60 Prozent aller Gemeinden zu Abgangsgemeinden werden und daher ihre laufenden Ausgaben nicht mehr decken können. Mit den nunmehrig zugesagten liquiden Mitteln, sollte das Liquiditätsproblem für 2021 stark abgemildert sein.

Unterschiedliche Betroffenheiten der Gemeinden sind nicht berücksichtigt

Gemeinden sind unterschiedlich stark von der Coronakrise betroffen. Insbesondere bei Tourismusgemeinden sowie zentralen Orten kam es zu stärkeren Ausfällen bei der Kommunalsteuer sowie den Tourismusabgaben. Die jetzige Regelung sieht eine Verteilung über den Ertragsanteilsprozess vor. Damit profitieren sämtliche Gemeinden in ähnlichem Maße. Unterschiedlich starke Betroffenheiten sind dadurch nicht berücksichtigt.

Vorschüsse von 1 Mrd. Euro verschieben Probleme in die Zukunft

Eine Milliarde der Mittel müssen die Gemeinden voraussichtlich ab 2023 zurückzahlen. Damit die Gemeinden in den nächsten Jahren die 1 Mrd. rückzahlen können, braucht es jedoch strukturelle Reformen (etwa bei Pflege, Kinderbetreuung, Gemeindestrukturen). Ob dies gelingen kann, hängt in hohem Maße auch von Bund und Ländern ab. Das Risiko, dass ein Teil des Problems nur in die Zukunft verschoben wurde, ist jedoch hoch.

Hartes Konsolidierungsprogramm nach wie vor notwendig

Die jetzige Regelung sieht eine sehr schnelle Rückführung der Vorschüsse in den nächsten Jahren vor. Dies führt dazu, dass die Ertragsanteile in den nächsten Jahren voraussichtlich in nur sehr geringem Ausmaß (zwischen 1 und 2 Prozent p.a.) ansteigen werden, womit womöglich nicht einmal die Inflation abgedeckt werden kann. Insgesamt wird vom BMF bei den Ertragsanteilen – trotz Hilfsprogramm – eine Steigerung von nur 7% im Zeitraum 2019 bis 2024 prognostiziert, was ein hartes Konsolidierungsprogramm auf der Gemeindeebene erfordern wird.

Mittelausschüttung über Strukturfonds erfolgt unabhängig von Betroffenheit

Die (mehr als) Verdoppelung des Strukturfonds für die Jahre 2020 und 2021 entspricht einem von der tatsächlichen Betroffenheit unabhängigen Zuschuss. Der Strukturfonds wird nach den Kriterien Bevölkerungsrückgang, Überalterung und Finanzkraft verteilt. Dies korreliert nicht direkt mit der Betroffenheit der Gemeinden durch die Coronakrise. Diese ist vielmehr abhängig von der Branchenzusammensetzung, Lage sowie Größe der Gemeinde (städtischer Raum ist stärker betroffen, innerhalb des ländlichen Raumes gibt es sehr unterschiedliche Betroffenheiten). Zweckmäßiger wäre eine Verteilung der Mittel anhand der tatsächlichen Kommunalsteuerrückgänge 2020 zu 2019.

Nachhaltige Lösung noch offen

Die jetzige Regelung wird die Liquidität nur für 2021 absichern. Nur teilweise gelöst sind damit die Abgänge, welche 2020 entstanden sind. Da die Wirtschaftsprognosen auch ab 2022 nur mäßig verlaufen, braucht es auch eine mittelfristige Perspektive für die Gemeindefinanzen.

Risiko der mittelfristigen Schwächung der kommunalen Investitionen

Sehr aufmerksam muss auch beobachtet werden, ob das Paket reicht, um die kommunale Investitionstätigkeit für 2021 abzusichern. Zu befürchten ist jedenfalls, dass durch das Abschöpfen künftiger Steigerungen bei den Ertragsanteilen (= Abschöpfen der nun gegebenen Vorschüsse) die kommunale Investitionstätigkeit mittel- bis langfristig deutlich geschwächt wird. Ein laufendes Monitoring wäre hier notwendig, um zeitgerecht Gegensteuerungsmaßnahmen treffen zu können.

Aktualisierung am 20.01.2021

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