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FAG-Faktencheck 8: Können die Gemeinden ohne zusätzliches Geld ausreichend in Klimaschutz und Klimawandelanpassung investieren?

Abbildung 1: Aufgaben der Gemeinden bei Klimaschutz und Klimawandelanpassung
Abbildung 1: Aufgaben der Gemeinden bei Klimaschutz und Klimawandelanpassung

Die derzeitigen Rahmenbedingungen tragen noch nicht dazu bei, dass die Gemeinden ihre Ziele betreffend Klimaschutz und Klimawandelanpassung erfüllen können. Während die Anforderungen hoch sind, gibt es noch deutlichen Nachholbedarf in der Mehr-Ebenen-Steuerung sowie im Finanzausgleich.

Fakt 1: Die Aufgaben der Gemeinden in Klimaschutz und Klimawandelanpassung sind vielfältig und umfassend.

Die Handlungsfelder der Gemeinden in den Bereichen Klimaschutz und Klimawandelanpassung sind vielfältig. Unter den Bereich Energieeffizienz und Energiesparen fällt etwa die thermische Sanierung und die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED.

Kostenintensiv und auch technisch herausfordernd ist die Umstellung der Heizsysteme auf erneuerbare Wärme, insbesondere im Mehrgeschossbau. Auch der Aufbau von Fernwärmenetzen, etwa durch Nutzung erneuerbarer Quellen – wie die Abwärme von Abfallanlagen – nimmt an Bedeutung zu.

Seit dem gezielten Förderschwerpunkt im kommunalen Investitionsprogramm 2023 steigen die Investitionen in PV-Anlagen auf städtischen Gebäuden und Anlagen stark an. Auch Wind, Biomasse, Biogas etc. sind hier wichtige alternative Quellen zur Stromerzeugung.

Eine wesentliche Herausforderung stellt das Themenfeld nachhaltige Mobilität dar. Gemäß Straßenfahrzeugbeschaffungsgesetz ist der kommunale Fuhrpark sukzessive auf emissionsfreie oder -arme Antriebe umzustellen. Diese Fahrzeuge kosten oftmals das Dreifache eines herkömmlichen Antriebs, teils fehlen auch noch die technischen Lösungen (etwa bei leistungsstarken Fahrzeugen wie Schneeräumgeräten). Daneben gilt es, Infrastruktur für E-Fahrzeuge zu schaffen, wie E-Tankstellen und geeignete Parkgaragen. Mit dem Verkehrs- und Parkraummanagement ergibt sich die Möglichkeit, lenkend auf die Verkehrsflüsse einzuwirken. Vor allem in den Städten sind die Angebote im öffentlichen Verkehr auszubauen, was insbesondere bei schienengebundenen Verkehren sehr teuer wird.

Weiters zu nennen ist die Stärkung der Kreislaufwirtschaft durch Abfallvermeidung und Recycling sowie die Themen Flächensparen im Zuge der örtlichen Raumplanung und Ressourcenschonung und Stärkung der Ökosysteme, etwa durch Renaturierungen und Wassersparen.

Hinzu kommen zwei Themenfelder, um primär die negativen Konsequenzen des Klimawandels abzumildern. Durch vermehrte Unwetterereignisse ist es notwendig, den Schutz vor Naturgefahren – beispielsweise im Rahmen des Hochwasserschutzes – auszubauen. Ein wichtiges Thema wird auch die Anpassung an die steigenden Temperaturen sein, wodurch vor allem in Städten Anpassungsmaßnahmen notwendig sind. Dies reicht von Entsiegelungen, über Baumpflanzungen bis hin zur richtigen Planung (z.B. Berücksichtigung von Frisch- und Kaltluftschneisen).

Abbildung 1: Aufgaben der Gemeinden bei Klimaschutz und Klimawandelanpassung
Abbildung 1: Aufgaben der Gemeinden bei Klimaschutz und Klimawandelanpassung

Fakt 2: Klimaschutz und Klimawandelanpassung sind noch unzureichend im Finanzausgleich und in der Mehr-Ebenen-Steuerung abgebildet.

Bei Klimaschutz und Klimawandelanpassung handelt es sich um Querschnittsthemen, welche in alle öffentlichen Aufgabenfelder hineinspielen. Dies führt zu einer hohen institutionellen, strategischen und inhaltlichen Komplexität. Hinzu kommt, dass die Zielvorgaben oftmals nicht ausreichend konkret sind. Dies liegt einerseits daran, dass auf europäischer Ebene zahlreiche Regelungen im Entstehen sind, andererseits hinkt die Umsetzung ins nationale Recht hinterher. So fehlt das schon längst fällige Klimaschutzgesetz, welches konkrete Ziele nach Sektoren vorsehen soll, immer noch.

Bereits 2022 betonte der Rechnungshof, dass es einer verbesserten Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den zuständigen Stellen des Bundes sowie zwischen Bund und Ländern bedarf, um eine gesamthafte Steuerungsverantwortung für Klimaschutzmaßnahmen zu implementieren. Zusätzlich ist hier auch noch die Gemeindeebene miteinzubeziehen. Auch eine neuere Studie der Universität Innsbruck und Trient sowie des Eurac Forschungsinstituts Bozen zur Integration des Klimawandels in die Multi-Level-Governance führt aus, dass bestehende vertikale Koordinationsmechanismen entweder unzureichend oder nicht spezifisch auf Klimafragen ausgerichtet sind.

Hinzu kommt, dass die Berücksichtigung von Klimaschutz im Finanzausgleichsgesetz aktuell noch schwach ausgeprägt ist (Kletzan-Slamanig et al., 2023). So finden sich nur wenige Regelungen, wie etwa die Aufteilung der Kostentragung für den Ankauf von Klimaschutz-Zertifikaten auf Bund und Länder. Daneben gibt es – schon länger integriert – Finanzzuweisungen an Städte für den ÖPNV, welche jedoch nicht an bestehende Zielsetzungen im Mobilitätsbereich gekoppelt und dementsprechend unterdotiert sind (z.B. Mobilitätsmasterplan).

Fakt 3: Die Gemeinden werden ihre Potenziale nur bei geeigneten Rahmenbedingungen ausschöpfen können.

Eine aktuelle Studie von TU Wien und Umweltbundesamt zeigt, dass die Gemeindeebene für 45 Prozent des öffentlichen Kapitalstocks verantwortlich ist. Dementsprechend ist das Potenzial auf der Gemeindeebene enorm. Spezifische Erhebungen für die Gemeindeebene fehlen jedoch noch. Fix ist jedoch, dass der zusätzliche Investitionsbedarf enorm sein wird. So geht die genannte Studie von erforderlichen öffentlichen Investitionen für den klimaneutralen Umbau des Kapitalstocks von 68 Mrd. Euro bis 2030 (für Bund, Länder und Gemeinden) aus – vor allem in den Bereichen Gebäude, Energie und Verkehr.

Gleichzeitig zeigt die aktuelle Gemeindefinanzprognose des KDZ, dass die Investitionsspielräume für die Jahre ab 2023 und folgend um rund ein Drittel unter jenen der Vorkrisenjahre liegen werden, wenn nicht gegengesteuert wird. Eine Schere zwischen Notwendigkeit und gegebenen finanziellen Rahmenbedingungen öffnet sich zunehmend.

Die Umsetzung von Klimaschutz- und Klimawandelanpassung kostet daher Geld, sodass es notwendig sein wird, die entsprechenden Finanzierungsspielräume dafür zu schaffen. Darüber hinaus wird der Aufbau einer Climate-Governance notwendig sein, um geeignete Rahmenbedingungen für die konkrete Umsetzung der Maßnahmen zu schaffen. Dies ist insbesondere für die Gemeindeebene von Bedeutung, da diese in hohem Maße von den regulatorischen Vorgaben von Bund und Ländern abhängig ist.

Zusätzliche Finanzierungsspielräume können durch Umschichtung aus anderen Aufgabenbereichen (z.B. von „Straße“ zu ÖV), Zweckwidmung bestehender Abgaben (z.B. Mineralölsteuer), Entfall klimaschädlicher Förderungen (z.B. Mineralölsteuervergünstigung für Diesel) oder Erschließung zusätzlicher Finanzierungsquellen (z.B. Vermögensteuer) geschaffen werden. Vor allem auch der Finanzausgleich sollte hier als Hebel genutzt werden, um die österreichischen Klimaziele zu erreichen, wie jüngst eine WIFO-Studie aufzeigte. Insofern sollten die aktuellen Finanzausgleichsverhandlungen genutzt werden, hier voranzukommen.

Ein entscheidender Punkt wird auch sein, wieweit künftig die Klimainvestitionen finanzierbar sind. Durch eine Verstetigung der kommunalen Investitionsprogramme könnten gezielt Mittel bereitgestellt werden. Weiters ist eine Modernisierung der ÖV-Finanzierung notwendig – etwa mit einem ÖV-Finanzierungsgesetz sowie einem stadtregionalen ÖV-Investitionsfonds.

Um die Climate-Governance weiterzuentwickeln, braucht es eine stärkere vertikale Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Durch die Implementierung eines innerösterreichischen Klimapaktes (analog zum innerösterreichischen Stabilitätspakt für Fiskalregeln) könnten hier wichtige Grundlagen – etwa zur Finanzierbarkeit der thermischen Sanierung kommunaler Gebäude – geschaffen werden.

Mehr Aufmerksamkeit sollten auch die konkreten Rahmenbedingungen der Städte und Gemeinden finden. Es braucht Lösungen dafür, dass die Gemeinden personelle und inhaltliche Kapazitäten aufbauen und nutzen können. Auch das bestehende Fördersystem mit seinen vielen „Leuchtturmprojekten“ und teils schwierigen Zugängen ist weiterzuentwickeln.

Milluks Kerstin
Kerstin Milluks | Bundesministerium für Inneres (Deutschland)
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Petra Holl
Amtsleiterin Petra Holl | Oberalm
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Mag. Thomas Wolfsberger | Finanzdirektor der Stadt St. Pölten
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