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Finanzausgleich 2024: Gestärkt in die Zukunft? – Nachschau auf die Impulskonferenz 2024

Seit November 2023 gibt es mit dem Finanzausgleichsgesetz 2024 eine Neuregelung der finanziellen Beziehungen im Bundesstaat. Im Rahmen der Impulskonferenz 2024 wurden die wichtigsten Neuerungen aufgezeigt und aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert.

Im Zentrum vieler Vorträge und Diskussionen stand die Installierung des „Zukunftsfonds“ im Rahmen des FAG 2024: Dieser bietet Ländern und Gemeinden vor allem in den Bereichen der Elementarpädagogik, Gesundheit und Pflege sowie Klimaschutz und Gebäudesanierung zusätzliche Transfers (vom Bund an die Länder- und Gemeindeebene). Der Zukunftsfonds wurde dabei durchaus unterschiedlich beurteilt. 

Neuerungen im Finanzausgleich 2024 – eine Gesamtbetrachtung

Marco Franz Rossegger vom BMF gab einen Einblick in den Verlauf der Finanzausgleichsverhandlungen und zeigte die wesentlichsten Neuerungen durch das FAG 2024 auf. Der Fokus lag dabei auf den Ergebnissen der Arbeitsgruppe „Finanzausgleichs-Kernthemen“. So wurden die vereinbarten Zielsetzungen und Hintergründe zum Zukunftsfonds dargestellt. Weiters wurde ein Überblick über Änderungen bei bestehenden Finanzzuweisungen des Bundes gegeben.

Michael Getzner von der TU Wien folgte mit einer Gesamteinschätzung der Neuregelungen des FAG 2024 in Bezug auf Resilienz und Nachhaltigkeit anhand eines im Zuge des FAG 2017 entwickelten Evaluierungssystems zum Finanzausgleich. Auf systemischer Ebene bringt der FAG 2024 praktisch keine Änderungen, durch den Zukunftsfonds entstehen zusätzliche Transfers, die manche Vereinfachungen des Transfersystems der Vergangenheit konterkarieren. Strukturell und aus Sicht der Resilienz des Finanzausgleichs zu begrüßen ist die Zielorientierung (z.B. Kinderbetreuung, Sanierung von öffentlichen Gebäuden). Die zusätzlichen Mittel, die das FAG 2024 den Ländern und Gemeinden bringt, werden jedoch hauptsächlich zur Abdeckung von vergangenen Kostensteigerungen und zum Erhalt des Status quo verwendet werden müssen, wesentliche neue Investitionen sind in geringerem Ausmaß zu erwarten.

Karoline Mitterer vom KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung verknüpfte die Neuregelungen des FAG 2024 mit der Aufgabenfinanzierung. Anhand der Beispiele Pflege und Kinderbetreuung zeigte sie auf, welche Bedeutung die mit dem FAG 2024 erzielten Neuerungen für die Aufgabenfinanzierung haben. Dabei zeigte sich, dass die Maßnahmen nicht reichen werden, um die Finanzierung in diesen beiden Bereichen nachhaltig abzusichern. Es besteht daher weiterhin Reformbedarf. 

Eine durchwachsene Einschätzung der Finanzausgleichsverhandlungen zeigte sich bei einer Befragung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung. Auf die Frage, wie sie den Abschluss der Finanzausgleichsverhandlungen 2024 einschätzen (Abbildung 1), gab knapp die Hälfte der Befragten an, dass sie sich mehr von den Verhandlungen erwartet hätten. Als wichtige Verhandlungsergebnisse wurden die Zusatzmittel für den Gesundheitsbereich sowie die Schaffung des Zukunftsfonds genannt. 

Quelle: Befragung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Impulskonferenz 2024.

In Zukunft braucht es eine gemeinsame Kraftanstrengung  

Eine spannende Einschätzung zum Finanzausgleich 2024 zeigte sich bei einer Diskussionsrunde mit Bernhard Grossmann vom Fiskalrat, Alfred Heiter von der Industriellenvereinigung und Jana Schultheiß von der AK Wien. Grossmann betonte die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Strategie für eine nachhaltige Entwicklung des Bundesstaates, was insbesondere auch eine gute Abstimmung zwischen den Gebietskörperschaftsebenen umfassen muss. Heiter betonte, wie wichtig die Umsetzung von Reformen im Finanzausgleich sind, um die bestehenden Mittel effizienter einzusetzen. Schultheiß sprach sich für einen starken Sozialstaat und eine nachhaltige Finanzierung etwa im Bereich der Elementarpädagogik oder der Pflege aus. Sie betonte dabei auch, dass es Lösungen in Bezug auf den Personalmangel in diesen Bereichen zu finden gilt. 

Auch das Publikum sah weiterhin Handlungsbedarf beim Finanzausgleich. Der Frage, ob es eine weitere Stärkung der Investitionstätigkeit der Länder und Gemeinden braucht, stimmten neun von zehn Personen zu. Viele sprachen sich dabei aber auch für eine bessere (aufgabenorientierte) Zuteilung der bestehenden Mittel aus. Ähnlich klar war das Ergebnis bezüglich Mehrmittel für die Elementarpädagogik (Abbildung 2). Trotz der über den Zukunftsfonds bereitgestellten Mittel für die Elementarpädagogik plädierten 84 Prozent der Befragten für weitere Mittel für Gemeinden. Der weit überwiegende Teil sah dabei die Bedarfe sowohl bei der Stützung des laufenden Betriebes als auch für Investitionen. 

Quelle: Befragung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Impulskonferenz 2024.

Reformbedarf auf mehreren Ebenen 

Im Finanzausgleich zeigen sich vielfältige Reformbedarfe, welche unmöglich alle im Rahmen einer Impulskonferenz behandelt werden können. Im dritten Block der Veranstaltung wurde der Fokus daher auf vier Themen gelegt. 

Mathias Eller vom Institut für Föderalismus beleuchtete den FAG 2024 aus föderaler Perspektive. In der Finanzverfassung zeigt sich hierbei eine Dominanz des Bundes, weshalb den FAG-Verhandlungen mit allen drei Gebietskörperschaftsebenen hier eine besondere Bedeutung zukommt. Vertiefend ging er kritisch auf den neu installierten Zukunftsfonds ein, welcher zwiespältig zu beurteilen ist. Aus föderaler Sicht ebenfalls bedenklich sieht er den Trend der immer häufigeren und umfassenderen Art. 15a-Vereinbarungen zur Steuerung und Finanzierung aufgabenbezogener Aufgabenstellungen, welche sich außerhalb des FAGs bewegen. 

Peter Biwald vom KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung fokussierte auf die Gemeindeebene. Basierend auf finanzstatistischen Befunden ging er der Frage nach, inwieweit die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden überschritten ist. So zeigen sich kontinuierliche strukturelle Verschlechterungen der finanziellen Spielräume – etwa durch die steigende Ko-Finanzierung für Gesundheit und Soziales oder durch zusätzliche Aufgaben wie etwa der Ausbau der Elementarpädagogik. Insgesamt zeigt sich damit im Zeitverlauf ein nachhaltiger Rückgang der Finanzierungsspielräume der Gemeinden. Um die Gemeindeautonomie zu stärken schlägt er Reformen wie Grundsteuerreform, Aufgaben- und Transferentflechtung, eine stärkere Berücksichtigung der Aufgaben- und Ausgabenentwicklung wie auch institutionalisierte Länder-Finanzausgleiche vor. 

Margit Schratzenstaller vom WIFO stellte die Frage, inwieweit Klimaschutz und Klimawandelanpassung im FAG 2024 ausreichend berücksichtigt wurden. Sie strich hervor, dass das Paktum zum FAG erstmals explizit ökologische Akzente im Finanzausgleich setzt. Weiters gab sie einen Überblick über derzeit bestehende Finanzzuweisungen des Bundes im Zusammenhang mit Klimainvestitionen. Sie weist jedoch auch auf Weiterentwicklungsbedarfe Richtung Klima-Governance hin. So spricht sie sich für eine Gesamtstrategie und eine gesamtstaatliche Koordination von Klimainvestitionen aus. Besonders die Potenziale von Ländern und Gemeinden sollten hierbei stärker ausgeschöpft werden. 

Johann Bröthaler von der TU Wien stellte in seinem Vortrag Ergebnisse einer Studie zur Raumwirksamkeit und den Einflussmöglichkeiten des Finanzausgleichs auf die Flächeninanspruchnahme und Versiegelung dar. Während die überbordende Versieglung in Österreich große ökologische Probleme verursacht, ist entgegen langläufigen Annahmen der Einfluss des Finanzausgleichs – z.B. durch Ertragsanteile, eigene kommunale Einnahmen – praktisch nicht nachweisbar. Jedoch könnten neue fiskalische Instrumente in Form einer Flächenwidmungs- und Versieglungsumlage sowie einer entsprechenden Abgabe an einen auf Landesebene verwalteten Biodiversitäts- und Bodenschutzfonds wesentliche Anreize und Finanzmittel erbringen, um die Versiegelung zu reduzieren und Biodiversitäts-Ersatzflächen zu schaffen.

Sind die zukünftigen Herausforderungen bewältigbar? 

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion mit Christian Sturmlechner (BMF), Daniela Ebner (Land Kärnten), Thomas Weninger (Österreichischer Städtebund), Walter Leiss (Gemeindebund) und Margit Schratzenstaller (WIFO) waren sich die Diskutantinnen und Diskutanten zunächst einig, dass „der Finanzausgleich“ vor allem der Zuteilung der Steuermittel im Bundesstaat dient. Zusätzliche Mittel hängen jedoch von den vorgelagerten Rahmenbedingungen (z.B. Kinderbetreuung, Klimaschutz) sowie den wirtschafts- und steuerpolitischen Strategien und Zielsetzungen (z.B. Steuersystem, Abgabenquote) ab. Übereinstimmend wurde für den kommenden Finanzausgleich eine umfassende staatliche Aufgabenkritik genannt – diese Diskussion sollte bald beginnen. Als wesentliches Problem der öffentlichen Aufgabenerfüllung wurde genannt, dass – neben beschränkten finanziellen Ressourcen – vor allem das fehlende Personal, verschärft durch zukünftige Pensionierungen, in vielen Bereichen zu einer Einschränkung der Leistungserbringung führen wird. Reformbereiche wurden u.a. bei der Grundsteuer und bei (kommunalen) Investitionen gesehen. Zusammenfassend trat während der Podiumsdiskussion für manche im Publikum eine gewisse Ernüchterung ein: die Umsetzung von Vorschlägen, vor allem aus der Wissenschaft, scheitert an vielfältigen Partialinteressen, mangelnder Phantasie und der Ignoranz vieler Beteiligter in diesen schlussendlich politischen Prozessen.

Dies wurde auch bei den Befragungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmern bestätigt. So ging die Hälfte der Befragten von Leistungskürzungen in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Klimaschutz und kommunale Daseinsvorsorge in den nächsten Jahren aus, wenn nicht entsprechend gegengesteuert wird. Am Ende der Impulskonferenz blieb dann noch die Frage, was notwendig wäre, um den Finanzausgleich weiterzuentwickeln (Abbildung 3). Ganz oben auf der Liste stand dabei „MUT“. 

Quelle: Befragung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Impulskonferenz 2024.

Alle weiteren Unterlagen (Videos, Präsentationen, Presseaussendung, Mentimeterergebnisse) zur Impulskonferenz 2024 stehen Ihnen hier zur Verfügung.

Nachschau

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Kerstin Milluks | Bundesministerium für Inneres (Deutschland)
Die CAF-Webinare und die Kooperation mit dem KDZ haben uns dabei sehr unterstützt, das Qualitätsnetzwerk der öffentlichen Verwaltung in Deutschland zu stärken.
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Amtsleiterin Petra Holl | Oberalm
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Mag. Thomas Wolfsberger | Finanzdirektor der Stadt St. Pölten
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