Die Schweiz ist durch eine föderale Struktur und direkte Demokratie geprägt. Diese Eigenheiten ermöglichen eine an lokale Bedürfnisse angepasste Bereitstellung öffentlicher Leistungen. Der Föderalismus entfaltet seine Stärke auch als ein Politiklabor, indem er die Innovationskraft des öffentlichen Sektors durch den Wettbewerb und den Erfahrungsaustausch zwischen den Kantonen steigert. Dieser Wettbewerb kann jedoch die Ungleichheit zwischen den Kantonen verschärfen. Hier setzt der Finanzausgleich an, indem er die finanziellen Lasten und Leistungen regional ausgewogener verteilt.
Das Schweizer Finanzausgleichssystem
Das Schweizer Finanzausgleichssystem stützt sich auf zwei Instrumente. Der Ressourcenausgleich verbessert die finanzielle Leistungsfähigkeit finanziell schwacher Kantone. Der Lastenausgleich unterstützt Zentrums- und Gebirgskantone durch zusätzliche Mittel zur Deckung struktureller Mehrkosten (Leisibach und Schaltegger, 2019). Die Abbildung veranschaulicht basierend auf den Daten des Jahres 2023, dass rund 80 Prozent der Transferzahlungen im System dem Ressourcenausgleich zuzuordnen sind. Dieser wird zu 60 Prozent vom Bund und zu 40 Prozent von finanzstarken Kantonen finanziert. Der Lastenausgleich, der fast 20 Prozent ausmacht, wird vollständig vom Bund getragen.
Der Ressourcenausgleich als Kernstück
Der Ressourcenausgleich zielt darauf ab, finanzielle Unterschiede zwischen den Kantonen auszugleichen. Dieser Mechanismus verteilt Mittel vom Bund und finanzstarken Kantonen an finanziell schwächere Kantone. um. Er stellt sicher, dass alle Kantone ihre öffentlichen Aufgaben und Dienstleistungen effektiv erfüllen können. Der auf Basis des kantonalen Ressourcenpotenzials pro Einwohnerin und Einwohner1 berechnete Ressourcenindex bestimmt die Höhe der Transfers. Dieser wird mit dem Schweizer Durchschnitt verglichen. Kantone mit einem Ressourcenindex unter 100 Prozent erhalten Mittel aus dem Ressourcenausgleich, während Kantone mit einem Index über 100 Prozent in das System einzahlen müssen. Der Ausgleich ist progressiv gestaltet, um besonders finanzschwachen Kantonen zu helfen, ein Basisniveau an finanzieller Ausstattung sicherzustellen.
Sonderlasten als Motivation
Der Lastenausgleich soll den Kantonen bei der Bewältigung von Sonderlasten helfen. Diese entstehen durch unkontrollierbare Entwicklungen in Wirtschaft und Bevölkerung oder durch natürliche Begebenheiten (Eidgenössisches Finanzdepartement, 2024).
Wichtig für den Lastenausgleich ist die Definition von Sonderlasten, die in Grund- und Wahlbedarf unterteilt sind. Der Grundbedarf umfasst die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgaben für grundlegende Dienstleistungen wie soziale Sicherheit und Gesundheit. Der Wahlbedarf bezieht sich auf Ausgaben, die über den Grundbedarf hinausgehen und die kantonalen Präferenzen widerspiegeln. Der Lastenausgleich basiert so gut wie möglich auf dem Grundbedarf, da er auf Indikatoren aufbaut, welche die strukturellen Ursachen von Sonderlasten abbilden und nicht auf den effektiven Ausgaben selbst (Eidgenössische Finanzverwaltung, 2004).
Geografisch-topografischer Lastenausgleich
Der geografisch-topografische Lastenausgleich berücksichtigt die sich aus der natürlichen Beschaffenheit eines Kantons ergebenden Herausforderungen. Die Bereitstellung von Infrastruktur und öffentlichen Dienstleistungen in einem Kanton, der von einer alpinen Landschaft geprägt ist, wird beispielsweise durch eine Zersplitterung der Siedlungsflächen erheblich erschwert. So erfordert die Gewährleistung der Zugänglichkeit und der Verbindung von abgelegenen Bergregionen mit urbanen Zentren zusätzliche Investitionen in Verkehrsinfrastrukturen. Diese zusätzlichen Kosten sollen ausgeglichen werden. Dazu werden die Mittel zu je einem Drittel für die Höhenlage, die Steilheit und eine geringe Bevölkerungsdichte ausgerichtet
(Eidgenössisches Finanzdepartement, 2024).
Soziodemografischer Lastenausgleich
Im Gegensatz dazu adressiert der soziodemografische Lastenausgleich die finanziellen Belastungen, die durch die Bevölkerungsstruktur eines Kantons entstehen. Dazu gehören Faktoren wie eine hohe Arbeitslosenquote oder ein hoher Anteil an älteren Menschen. Solche Bevölkerungsmerkmale können zu einem überdurchschnittlich hohen Bedarf an sozialen Leistungen führen. Diese Mehrkosten sollen ausgeglichen werden, um die betroffenen Kantone bei der Bewältigung dieser Aufgaben zu unterstützen. Beim soziodemografischen Lastenausgleich werden zwei Drittel der Mittel für überdurchschnittliche Lasten aufgrund der Bevölkerungsstruktur und ein Drittel aufgrund der Zentrumsfunktion verteilt (Eidgenössisches Finanzdepartement, 2024).
Fehlanreize vor allem im Ressourcenausgleich
Der Ressourcenausgleich führt zu ausgeprägten Fehlanreizen, besonders bei den Nehmerkantonen, wo ein Anstieg des Ressourcenpotenzials in manchen Fällen zu einem nicht durch die höheren Steuereinnahmen kompensierbaren Rückgang der Transfers führt. Für diese Kantone lohnen sich Investitionen zur Steigerung der Standortattraktivität kaum. Eine Überarbeitung des Ressourcenausgleichs scheint daher notwendig. Der Lastenausgleich sieht sich hingegen weniger ausgeprägten Anreizproblemen gegenüber. Da er vom Ressourcenausgleich unabhängig ist, kommt es jedoch vor, dass z. T. Kantone Zahlungen aus dem Lastenausgleich erhalten, welche in den Ressourcenausgleich einzahlen.
LITERATURVERZEICHNIS
Eidgenössische Finanzverwaltung (2004). NFA Faktenblatt 7 – Lastenausgleich des Bundes. https://www.efv.admin.ch/efv/de/home/themen/finanzausgleich/projektphase_nfa.html. (abgerufen am 8.4.2024)
Eidgenössische Finanzverwaltung (2023). Finanzausgleich – Zahlen. https://www.efv.admin.ch/efv/de/home/themen/finanzausgleich/zahlen.html. (abgerufen am 8.4.2024)
Eidgenössisches Finanzdepartement (2024). Nationaler Finanzausgleich. https://www.efd.admin.ch/efv/de/home/themen/finanzpolitik/nationaler-finanzausgleich.html. (abgerufen am 8.4.2024)
Leisibach, P. & Schaltegger, C. A. (2019). Zielkonflikte und Fehlanreize: Eine Analyse der Anreizwirkungen im Schweizer Finanzausgleich. Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 20(3),
254–280.
1 Das kantonale Ressourcenpotenzial bestimmt sich aus den theoretischen Besteuerungsmöglichkeiten, darunter die steuerbaren Einkommen und Vermögen natürlicher Personen und Gewinne juristischer Personen.