Die Herausforderungen bei Klimaschutz und Klimawandelanpassung sind groß. Umso wichtiger ist es, diese Querschnittsthemen systematisch und verbindlich im Finanzausgleich und im Föderalismus zu integrieren. Tatsächlich zeigen sich hier jedoch noch große Lücken, wodurch eine Zielerreichung behindert wird. Um die gesetzten Klimaziele zu erreichen, bedarf es daher einer guten Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden sowohl im Bereich der Steuerung als auch im Finanzausgleich.
Durch Nicht-Handeln entstehen hohe Kosten
Wenn die gesteckten Klimaziele nicht erreicht werden, kommen auf die öffentliche Hand bedeutende Kosten zu. Jene für den Zukauf von Klimazertifikaten bei Zielverfehlung werden vom Rechnungshof auf bis zu 9 Mrd. Euro bis 2030 geschätzt. Hinzu kommen Klimawandelanpassungskosten. Alleine die wetter- und klimabedingten Schäden sollen von aktuell 2 Mrd. Euro p.a. auf bis zu 12 Mrd. Euro p.a. bis 2050 steigen. Schätzungen für die Klimawandelanpassungskosten in der öffentlichen Infrastruktur fehlen noch weitgehend.
Investitionsbedarf betrifft alle drei Gebietskörperschaftsebenen
Der öffentliche Sektor hat hohes Investitionspotenzial in den Sektoren Gebäude, Verkehr und Energie. Bei einem öffentlichen Kapitalstock von mindestens 500 Mrd. Euro können hier zahlreiche Maßnahmen gesetzt werden – etwa in die thermische Sanierung von Gebäuden, in den Austausch von Heizsystemen, in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, in den Umstieg auf die E-Mobilität oder in die Erzeugung alternativer Energien.
Dabei sind alle Gebietskörperschaftsebenen im Rahmen ihrer Kompetenzen verantwortlich, Maßnahmen zu setzen. Jedoch sind die Finanzierungsspielräume ungleich auf die Ebenen verteilt und die bestehenden Finanzausgleichsströme nicht an die veränderten Anforderungen angepasst. Besonderes Augenmerk sollte hier auf die Gemeindeebene gelegt werden, welche für 45 Prozent des öffentlichen Kapitalstocks verantwortlich ist. Im Rahmen des vertikalen Verteilungsschlüssels erhalten die Gemeinden 12 Prozent vom Steuerkuchen, sind aber mit einem enormen Investitionsbedarf in Klimaschutz und Klimawandelanpassung konfrontiert. Die Prognose der Gemeindefinanzen zeigt jedoch, dass die Finanzierungsspielräume in den nächsten Jahren weit unter dem Vorkrisenniveau liegen werden, wodurch das Risiko eines Investitionsrückstaus steigt.
Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden verbessern
Um künftig Strafzahlungen und hohe Anpassungskosten zu verhindern, bedarf es einer verbesserten Zusammenarbeit der drei Ebenen Bund, Länder und Gemeinden. Bedeutende Lücken zeigen sich insbesondere in den Bereichen Raumplanung und Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehr (ÖPNRV).
In der Raumplanung zeigen sich Planungs- und Umsetzungsdefizite bei bestehenden Instrumenten, weshalb der Flächenverbrauch weit höher ist als in einer Reihe von Zielsetzungen festgelegt. Es sind daher Lösungen für eine Reduktion des zu hohen Bodenverbrauches zu finden und internationale Verpflichtungen und nationale Zielvorstellungen in konkrete Politiken und räumlich differenzierte Maßnahmen umzusetzen.
Im ÖPNRV gilt es, einerseits Kapazitäten auszubauen, um möglichst viele Menschen zum Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen. Andererseits sollen die eingesetzten Fahrzeuge möglichst auf emissionsfreie oder -arme Antriebe umgestellt werden, was hohe Investitionen nicht nur in die Fahrzeuge, sondern auch in die notwendige Infrastruktur bedeutet. Hierfür ist es notwendig, die gemeinsame Planung und Steuerung von Städten und Ländern weiter zu verstärken und gemeinsam mit dem Bund Finanzierungslösungen zu finden.
Empfehlung: Vertikales Klima-Koordinierungskomitee implementieren
Klimaschutz und Klimawandelanpassung spielen in viele Aufgabenbereiche hinein, wodurch eine hohe Komplexität entsteht. Die Stärkung der gebietskörperschaftsübergreifenden Koordination und Kooperation wäre hier ein wichtiger Schritt, indem Ziele und Strategien aufeinander abgestimmt werden. Ein Klima-Koordinierungskomitee mit Vertreter*innen von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden könnte zu einer verbesserten Steuerung, Koordination und Kooperation beitragen.
Darüber hinaus bietet auch die horizontale Abstimmung insbesondere auf der Gemeindeebene sowie der Einbezug der Bürgerinnen und Bürger hohes Potenzial. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Klärung klimaschutzbezogener Aufgaben- und Finanzierungsverantwortlichkeiten, um bestehende Defizite zu identifizieren oder Doppelförderungen zu vermeiden.
Finanzausgleich klimafreundlich gestalten
Angesichts der hohen Investitionsbedarfe ist es notwendig, ausreichend finanzielle Mittel für Klimaschutz und Klimawandelanpassung bereitzustellen. Andernfalls ist vorherzusehen, dass die gesetzten Investitions- und Ausbauziele nicht erreicht werden können. Zusätzliche Finanzierungsspielräume können durch Umschichtung aus anderen Aufgabenbereichen (z.B. von „Straße“ zu ÖV), Zweckwidmung bestehender Abgaben (z.B. Mineralölsteuer), Entfall klimaschädlicher Förderungen (z.B. Mineralölsteuervergünstigung für Diesel) oder Erschließung zusätzlicher Finanzierungsquellen (z.B. Vermögensteuer) geschaffen werden.
Weiters sollten die bestehenden Finanzierungs- und Steuerungsinstrumente auf den Klimaschutz hin ausgerichtet werden, etwa durch die Reduktion klimaschädlicher und Stärkung klimafreundlicher Mechanismen und Anreize.
Für Gemeinden sollten angesichts der hohen Investitionsbedarfe geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden, etwa durch die Implementierung eines Klimainvestitionsfonds (z.B. für thermische Sanierung, Umstellung Heizsysteme) und die Schaffung eines ÖV-Investitionsfonds für Stadtregionen.
Im Rahmen der derzeit laufenden Finanzausgleichsverhandlungen wäre es insgesamt wichtig, den Finanzausgleich sowohl kurzfristig als auch längerfristig strategisch auf die zentralen Zukunftsfragen unserer Gesellschaft – den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel – auszurichten.
Sammelband „Klimaschutz und Klimawandelanpassung im Bundesstaat“
Für weitergehende Ausführungen weisen wir auf unseren jüngst publizierten Sammelband hin. In der gemeinsam von KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung und TU Wien (Forschungsbereich Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik) herausgegebenen Publikation werden Fragen zur besseren Integration von Klimaschutz und Klimawandelanpassung in den österreichischen Föderalismus sowie im Finanzausgleich beantwortet. Ziel ist, einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Climate-Governance zu leisten und das Thema Klimaschutz und Klimawandelanpassung in der Mehr-Ebenen-Steuerung sowie im Finanzausgleich besser zu verankern.
Der Sammelband basiert auf einer Ende 2022 veranstalteten Konferenz zum Thema „Wie klimafit ist der Bundesstaat?“, für den wir namhafte Expertinnen und Experten für Beiträge gewinnen konnten. Der erste Teil des Bandes beschäftigt sich mit den Herausforderungen und Handlungsfeldern des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung. Behandelt werden u.a. wirtschfts- und budgetpolitische Konsequenzen, die Kosten des Nicht-Handelns, Klimastrategien im städtischen Raum, die Energieraumplanung und der öffentliche Verkehr. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Mehr-Ebenen-Steuerung und dem Finanzausgleich. Betrachtet werden etwa die Ökologisierung der öffentlichen Steuerungsinstrumente, eine klimafreundliche öffentliche Governance und die Rolle von Gemeinden sowie Städten in der Klimapolitik.