Die Büros im Rathaus sind frisch und bunt ausgemalt, aus der bisherigen Zellenstruktur wurden großzügige Co-Working-Spaces. Die Mitarbeiter*innen arbeiten manchmal im Homeoffice – sofern es von der Führungskraft genehmigt wird. Dienstbesprechungen heißen ab morgen Meetings, finden künftig ausschließlich auf MS Teams statt und das Du-Wort hat sich schon seit Jahren in allen Ebenen der Hierarchie etabliert. Wenn Sie auf Ihrem Gemeindeamt oder in Ihrer Stadtverwaltung diese und weitere ähnliche Maßnahmen umgesetzt haben: Sind Sie und Ihre Verwaltung Ihrer Einschätzung nach fit für New Work?
Eine kleine Gedankenreise
Gehen Sie die letzten Tage in Gedanken durch. Zunächst gestern, dann vorgestern usw. Gehen Sie so weit zurück, bis Sie einen Moment allergrößten Vergnügens entdecken. Einen Moment, der Sie in der Erinnerung vor Glück zittern lässt. Ver binden Sie diesen Moment mit einer der eingangs angeführten Maßnahmen? Und glauben Sie, dass Ihre Mitarbeiter*innen ähnliches für diese Maßnahme empfinden? Wenn Sie beide Fragen mit „Ja“ beantworten können und dieses „Ja“ auch noch in einigen Monaten auf diese Maßnahme zutrifft, dann sind die gesetzten Schritte tatsächlich sehr gute New-Work-Maßnahmen. Für den gegenteiligen Fall dürfen wir Sie einladen, sich mit uns gemein sam ein wenig mit dem Philosophen und New-Work-Erfinder Frithjof Bergmann (1930–2021) auseinanderzusetzen.
Eine neues Konzept von Arbeit
Ausgangspunkt der New-Work-Bewegung um Bergmann ist die Automatisierungswelle in der US-Automobilindustrie Ende der 1970er , Anfang der 1980er Jahre. Aufgrund fortschreitender technologischer Entwicklungen wurden zahlreiche Arbeitskräfte nicht mehr im bisherigen Maße gebraucht. Für Frithjof Bergmann stellte sich daher die Frage, wie mit den freizusetzenden Arbeitskräften und den mit ihnen verbundenen gesellschaftlichen, ökonomischen als auch persönlichen Ressourcen und Situationen um gegangen werden soll. Er stellte die Frage in einem deutlich größeren Kontext: Wie, da auch künftig immer weniger Arbeitskräfte in den Fabriken gebraucht werden, kann die Verarmung der Gesellschaft in all ihren Dimensionen (sozial, kulturell, intellektuell …) in Folge der Automatisierung verhindert werden? Bergmanns Antwort: Die Menschen müssen zu jener Arbeit befähigt werden, die „sie tief im Innersten wirklich und wahrhaftig leisten wollen“.1 New Work bedient sich daher eines holistischen Menschenbildes und versteht Arbeit als einen wesentlichen und sinnstiftenden Teil des Mensch Seins. Es geht letztlich um eine Abwendung von der „Armut der Begierde“, welche unsere industrielle Arbeit auszeichnet, und die Hinwendung der Arbeit zu dem, was die jeweilige Person „wirklich, wirklich will“.
New Work ist daher keine Methode oder Sammlung von Methoden. New Work bedeutet nicht, neue Regeln einzuführen oder Räume neu zu gestalten. New Work bedeutet ein grundsätzliches Überdenken des Konzepts Erwerbsarbeit als solches, von Haltungen, Arbeitsweisen und letztendlich auch Wirtschaftsmodellen. So sind beispielsweise technische oder bauliche Veränderungen an Arbeitsplätzen nicht als New Work per se zu verstehen, sondern sollten als Folge von veränderten Haltungen konzipiert und umgesetzt werden.
Der Purpose-Ansatz und KI
Den Ansatz Frithjof Bergmanns auf unsere Zeit weitergedacht, rückt das vor allem folgende Aspekte in den Fokus: Organisationen, also auch Stadt und Gemeindeverwaltungen, stellen sich so auf, dass ihre Mitglieder kreativ, partizipativ und zweckorientiert („Purpose“) an der Gestaltung und Erfüllung des Organisationsauftrags mitwirken. Das stellt sehr hohe Ansprüche insbesondere an Führungskräfte, verlangt aber auch Weitblick und ein hohes Maß an Gestaltungswillen von den politisch Verantwortlichen in Österreichs Kommunen. Grundsätzlich haben die Städte und Gemeinden als zentrale Säule der Daseinsvorsorge hier für einen guten Nährboden.
Die Arbeit von morgen wird sich durch hochgradige Flexibilisierung hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Weise sowie der beteiligten Disziplinen auszeichnen. Diese Aspekte werden sich – der Zweckorientierung untergeordnet – höchst individuell aus gestalten und unsere heutige Differenzierung von Privatleben und Arbeit auf lösen. Wenn wir kommenden Generationen etwas von Work-Life-Balance erzählen, werden wir dabei für sie sehr alt wirken.
Prozesse laufen daher möglichst medienbruchfrei und vor allem digitalisiert ab: Was digital verfügbar ist, muss auch digital bearbeitbar sein. Die wechselnden und unterschiedlichen Lebenskonzepte und -situationen der bearbeitenden Mitarbeiter*innen dürfen kein Hindernis für die Arbeit am gemeinsamen Projekt oder der gemeinsamen Aufgabe sein. Die anfallenden Aufgaben werden so erledigt, dass ein optimales Ergebnis entsteht. Neue Technologien, wie beispielsweise KI, werden unsere Vorstellung von Arbeit in den kommenden Jahren und Jahr zehnten drastisch verändern. Das New-Work-Konzept bietet bereits eine Grundlage und erste Vorstellung, wie wir den Herausforderungen unserer Zukunft begegnen können. Dennoch gilt es, aufmerksam die (nicht nur technologischen) Entwicklungen und daraus resultieren den Erfahrungen kritisch auch auf die Konzeption von Arbeit zu reflektieren.
Ansprüche an zukünftige Arbeit
Dem KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung geht es vor allem darum, wie Sie sich für die Arbeitswelt von morgen wappnen können. In Zeiten des Arbeitskräftemangels wird entscheidend sein, durch innovative Maßnahmen Personal zu gewinnen, es zu halten und den Mitarbeiter*innen optimale Arbeitsbedingungen zu bieten. Das bietet Ihnen einen entscheidenden Vorteil, als Kommune nachhaltig erfolgreich mit den Herausforderungen der Zukunft umzugehen. Viele junge Menschen streben zum Beispiel ein höheres Maß an Flexibilisierung an. Mit ihren gleichzeitig stabilen Rahmenbedingungen bietet die öffentliche Verwaltung bereits heute klare Vorteile, das Beste aus Stabilität und Flexibilität zu verknüpfen. Diese Potenziale sind eine ideale Grundlage, um als Verwaltung neue und mutige Wege zu gehen.
Das New Work Lab
Das New Work Lab des KDZ durchläuft drei Schritte und zeigt am Ende erste greifbare Erkenntnisse für die Verwaltung zum Thema New Work und mögliche nächste Handlungsoptionen auf. Konkret bedeutet das: In drei Schritten gehen wir mit Ihnen den ersten Teil Ihres Weges in Richtung New Work. Zentrales Element dieses Prozesses ist die gemein same Arbeit im Innovationslabor. In einem ca. eineinhalbtägigen Workshop erarbeiten wir auf kreative Weise Ihre ersten Schritte zum eigenen New-Work-Konzept. Das KDZ-Team reflektiert mit Ihnen den Status quo und eröffnet Ihnen die notwendigen Freiräume im Workshop, die eigene maßgeschneiderte und funktionierende Lösung zu finden. Am Ende haben Sie den konkreten nächsten Schritt zu New Work vor sich, die Sie dann nur noch gehen müssen.
Die Themen für das New Work Lab des KDZ bestimmen Sie! Themenfelder, die sich aber aufgrund ihrer Weite und Aktualität anbieten, sind die eigene Digitalisierungsstrategie, der Umgang mit KI in der Verwaltungsarbeit, die konsequente Weiterentwicklung der eigenen Führungsarchitekturen oder die zeitgemäße Flexibilisierung von Arbeit – Workation, Vertrauensarbeitszeit, Jobenrichment oder agile Teams … Im Lab bieten wir Ihnen den Rahmen, auszuprobieren und unterschiedliche Varianten zu reflektieren.
Wenn Sie Interesse haben, die Verwaltung Ihrer Gemeinde oder Stadt im New Work Lab des KDZ weiterzuentwickeln, schreiben Sie an hrazdil@kdz.or.at. Wir beraten Sie gerne!
1 F. Bergmann: Neue Arbeit, Neue Kultur