
Mit dem Wegfall des abgestuften Bevölkerungsschlüssels ab 2011 bis 20.000 EinwohnerInnen (EW) wird es auf kommunaler Ebene zu einer weiteren Nivellierung der Einnahmen aus Ertragsanteilen kommen. Die damit verbundene Finanzausstattung widerspricht damit verstärkt den zu finanzierenden Aufgaben. Dies soll anschließend anhand ausgewählter Beispiele kurz dargestellt werden.
Im Bereich der Kinderbetreuung lässt sich mit steigender Gemeindegrößenklasse eine klar steigende Tendenz der Nettoausgaben pro EW erkennen (Abb. 1).
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Quelle: Statistik Austria: Gebarungsdaten 2008. KDZ: eigene Berechnung, 2010 |
Steigende Pro-Kopf-Nettoausgaben sind insbesondere auf den höheren Versorgungsgrad sowie die Betreuungsqualität zurückzuführen (Abb. 2). Danach werden in den Städten mit über 10.000 EW im Schnitt 15 bis 22 Kinder pro 1.000 EW ganztags betreut, in den kleineren Gemeinden (bis 5.000 EW) nur etwa 8 bis 10 Kinder. In den Städten werden insgesamt 36 bis 40 Kinder je 1.000 EW betreut, in den Gemeinden bis 2.500 EW nur 28 Kinder. Die Unterschiede bei den Nettoausgaben von 25% zwischen 2.500-50.000 EW liegen in den Betreuungsquoten begründet, die um rund 40% bei den insgesamt betreuten Kindern und um mehr als 100% bei den ganztagsbetreuten Kindern abweichen.
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Quelle: Statistik Austria: Kindertagesheimstatistik 2008/2009. KDZ: eigene Berechnung, 2010 |
Im Kulturbereich (Abb. 3) zeigt sich ein ähnliches Bild: je größer die Gemeinde, desto höher sind die Nettoausgaben. Während bei nahezu gleich hoch sind (Abweichung von maximal 20%), sind die zentralörtlichen Aufgaben (bildende Kunst, Musik, darstellende Kunst, Museen) der Hauptgrund für die Abweichung (€15,- je EW bis 2.500 EW, über € 30,- je EW bis 20.000 EW, bis € 86,- je EW über 50.000 EW).
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Quelle: Statistik Austria: Gebarungsdaten 2008. KDZ: eigene Berechnung, 2010 |
Verschärft wird die einheitliche Mittelausstattung bis 20.000 EW trotz unterschiedlicher Aufgabenintensität noch zusätzlich durch die Transfers und deren umverteilende Wirkung. Nach Einwohnerklassen besteht im primären Finanzausgleich (Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben) ein Verhältnis der Ertragsanteile je EW zwischen den kleinsten Gemeinden (bis 2.500 EW) und den größten Gemeinden (über 50.000 EW) von 1: 1,54. Das Verhältnis der Ertragsanteile nach Berücksichtigung der sekundären Transfers (insbesondere Bedarfszuweisungen und Landesumlage) verringert sich auf 1:1,25. Nach zusätzlicher Berücksichtigung der Umlagen im Sozialhilfe- und Krankenanstaltenbereich verändert sich das Verhältnis auf 1:1,28.
Bemerkenswert ist hierbei, dass die Gemeinden von 2.501-20.000 EW nach Berücksichtigung sekundärer Transfers und Umlagen geringere Ertragsanteile nach Transfers aufweisen als die Gemeinden unter 2.500 EW. Am stärksten betroffen sind hierbei die Gemeinden von 5.001-10.000 EW, welche nach Abzug der Transfers um 28% geringere Ertragsanteile aufweisen als die Gemeinden unter 2.500 EW (Abb. 4).
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Quelle: IFIP, KDZ: eigene Berechnung, 2010 |
Nach Finanzkraft-Quintilen verändert sich das Verhältnis von 1:1,27 nach dem primären Finanzausgleich auf 1:0,98 nach Berücksichtung der sekundären Transfers. Werden auch die genannten Umlagen eingerechnet, beläuft sich das Verhältnis nur mehr auf 1:0,83. Demzufolge weisen die finanzschwächsten Gemeinden € 722,- pro Kopf an Ertraganteilen nach sekundären Transfers und Umlagen auf, die finanzkräftigsten Gemeinden hingegen nur mehr € 599,- pro Kopf. D.h., der primäre Finanzausgleich wird durch die Transfers auf den Kopf gestellt.
Folglich bedarf es einer grundlegenden Reform des Finanzausgleichs, der neben der Transferverflechtungen1 eine verstärkte Aufgabenorientierung erfordert. Ein aufgabenorientierter Finanzausgleich geht von der Vorstellung aus, dass (Teile der) Einnahmen der subnationalen Gebietskörperschaften durch einzelne Elemente (Kriterien, Indikatoren) bestimmt werden, die Art und Ausmaß (Entwicklung der Ausgabenlasten im Zeitablauf, Intensität der Aufgabenerfüllung) der Ausgaben zur Aufgabenerfüllung mehr oder weniger umfassend berücksichtigen. Damit können demografische, sozio-ökonomische, geografische und topografische, aber auch institutionelle Faktoren, welche die Aufgaben und damit auch Ausgaben (teilweise oder ganz) bestimmen, berücksichtigt werden.
Die bisher weitgehend auf die Einwohnerzahl, auf die abgestufte Einwohnerzahl und auf Fixschlüssel abgestellte Verteilung der Ertragsanteile der Gemeinden würde durch eine grundsätzlich vereinfachte und gleichzeitig aufgabenorientierte Mittelverteilung, u.a. durch stärker jeweilige Lasten berücksichtigende objektive Kriterien und Indikatoren, ersetzt werden.
Dabei sind unterschiedliche „Aufgabenbereiche“ zu berücksichtigen:
Die Gemeindeertragsanteile wären somit in drei Töpfe aufzuteilen, wobei jeder für sich nach eigenen Indikatoren auf die einzelnen Gemeinden verteilt wird. Die Aufgabenorientierung sollte jedoch nicht nur die Gemeindeebene betreffen, sondern auch vertikal, zwischen den Gebietskörperschaftsebenen, ein Thema sein. Vertikale Aufgabenverschiebungen haben bisher entweder zu keinen Änderungen der vertikalen Mittelaufteilung oder zu zusätzlichen vertikalen Transfers geführt. In einem neuen Finanzausgleich ab 2013 wäre auch ein stärkerer Bezug zu den Aufgaben der Gebietskörperschaftsebenen anzustreben.