
Österreichs Gemeinden erfüllen eine Viel- zahl an Aufgaben. Die Finanzierung dieser Aufgaben ist komplex und wird von zahlreichen Faktoren bestimmt. Wo kommen die Mittel her? Wohin fließen sie? Und wie viel Spielraum bleibt für Investitionen? Diesen und weiteren Fragen sind wir in unserer jährlichen Publikation zu den Gemeindefinanzen nachgegangen.
39 Prozent der Einnahmen kommen direkt von Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürgern
Die Ertragsanteile entwickeln sich weniger stark als andere Einnahmequellen. Um die Mindereinnahmen durch steigende Umlagen ausgleichen zu können, verfolgten die Gemeinden individuelle Sparkurse und griffen verstärkt auf andere Einnahmequellen – insbesondere Gebühren und Leistungsentgelte – zurück. Es zeigte sich, dass 2017 rund 39 Prozent der kommunalen Einnahmen direkt von den Bürgerinnen und Bürgern geleistet wurden. Dies betrifft v. a. die Kommunalsteuer, die Grundsteuer, Gebühren für Kanal, Wasser und Abfall sowie Leistungsentgelte (etwa für die Kinderbetreuung). (siehe Abb. 1)Hoher Anstieg der Ausgaben bei Bildung, Soziales und Gesundheit
Eine hohe Ausgabendynamik besteht in den Umlagenbereichen soziale Wohlfahrt und Gesundheit. Die Ausgaben erhöhten sich hier von 2008 bis 2017 um 49 bzw. 52 Prozent. Eine ähnlich hohe Dynamik zeigt mit 47 Prozent auch der Kinderbetreuungs- und Bildungsbereich, in welchem es in den letzten Jahren zu einem deutlichen Anstieg des Leistungsangebotes gekommen ist. (siehe Abb. 2)
Gemeinden sind wichtige Investoren
Der Anteil der Gemeindeinvestitionen an den gesamten öffentlichen Bruttoinvestitionen lag 2017 bei 29 Prozent (2017: 3,2 Mrd. Euro Investitionen, das sind +10 Prozent gegenüber 2016). Im Vergleich dazu lag der Anteil der Gemeinden (inkl. Gemeindeverbände und Wien) an den Gesamteinnahmen der Gebietskörperschaften bei lediglich 17 Prozent. Gemeinden investieren daher – im Vergleich zu den anderen Gebietskörperschaften – überdurchschnittlich viel. Die öffentlichen Investitionen der Gemeinden stiegen seit 2008 um 29 Prozent. Die meisten Investitionen fließen in den Dienstleistungsbereich (etwa Ver- und Entsorgung), in den Verkehrsbereich (v.a. Gemeindestraßen) und in den Bildungsbereich (Schulen und Kindergärten).
Dauerbaustelle Finanzausgleichsreform
Mit dem Finanzausgleichsgesetz 2017 kam es zu einer Vereinfachung der Ertragsanteilsverteilung der Gemeinden und zu mehr Verantwortung der Länder für Transferbeziehungen. Es bestehen Zusatzmittel im Rahmen des Strukturfonds sowie 2017 eine Einmalzahlung für Migration. Insgesamt stiegen die Finanzzuweisungen des Bundes an die Gemeinden von 2016 auf 2017 um 178 Mio. Euro. Eine Neuausrichtung im Sinne eines modernen und ausgewogenen Finanzausgleichs ist jedoch nicht gelungen. Vor allem das Scheitern der geplanten Aufgabenorientierung im November 2018 ist kritisch zu sehen.
Ausblick
Die Prognosen zeigen, dass – bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen – von einer stabilen Entwicklung der Gemeindefinanzen ausgegangen werden kann. Es bestehen allerdings einige Risikofaktoren, welche für die künftigen Entwicklungen ausschlaggebend sind: • Können die Ausgabendämpfungspfade für Gesundheit und Pflege eingehalten werden?
• Werden die Gemeinden die geplante Steuerreform auf Bundesebene ohne ausreichende Kompensation mittragen müssen?
• Kann eine von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam getragene, nachhaltige Pflegefinanzierung ge- schaffen werden?
Zusätzlich zu diesen Unsicherheitsfaktoren gilt es, auch andere Entwicklungen zu berücksichtigen. Nachhaltigkeit im Steuerungsprozess wird für die Kommunen immer wichtiger, etwa mithilfe der von den Vereinten Nationen verabschiedeten 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs). Darüber hinaus empfiehlt es sich, sich stärker mit den Instrumenten zu Kooperation und Koordination im Bundesstaat auseinanderzusetzen und die Mehr-Ebenen-Steuerung zu verbessern.
Insgesamt zeigt sich, dass der mit dem FAG 2017 beworbene „Einstieg in den Umstieg“ leider keine Fortsetzung gefunden hat. Umso wichtiger wäre es nun, die noch verbleibende Zeit der aktuellen Finanzausgleichsperiode zu nutzen, um weitere Schritte in Richtung eines modernen und steuerbaren Finanzausgleichs zu setzen (v.a. Aufgabenorientierung) und damit eine wichtige Grundlage für stabile Gemeindefinanzen sicherzustellen.
Der Gemeindefinanzbericht 2019