
Unter dem Titel Public Management Platform wurde von September 2012 bis April 2013 ein gemeinsamer Lehrgang für Politikerinnen und Politiker sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung im Großraum Wien-Bratislava durchgeführt. Der Lehrgang widmete sich den Herausforderungen guten Regierens von Städten und Bezirken in der TwinRegion. Zentrales Ergebnis: Know-how-Transfer und interkulturelles Verständnis sind die Grundsteine für erfolgreiche grenzüberschreitende Zusammenarbeit, um die Region nachhaltig zu stärken.
Städte und Gemeinden spielen bei der Sicherung von Wohlstand und Lebensqualität eine wesentliche Rolle. Um kommunale Leistungen und Services effizient erbringen zu können, müssen die Städte und Gemeinden über die notwendigen administrativen, personellen und finanziellen Kapazitäten und Ressourcen verfügen. Fast 10 Jahre nach der Erweiterung der Europäischen Union sind im Donauraum noch immer erhebliche Unterschiede in der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Sektors gegeben.
Im grenzüberschreitenden Public-Management-Lehrgang Public Management Platform wurden die Anforderungen an den öffentlichen Sektor sowie regionale Unterschiede und Defizite sichtbar.
Insgesamt nahmen am Lehrgang 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus sechs Städten in der TwinRegion teil.
Auf österreichischer Seite waren dies Wien, Wiener Neustadt und Hainburg, auf slowakischer Seite die Städte Bratislava, Trnva und Príbelce. Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus der Stadt Wien. Das Verhältnis zwischen den österreichischen und slowakischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern war zwei Drittel zu einem Drittel.
![]() |
Foto: PMP 2012/2013 |
Der Lehrgang fand zweisprachig statt und setzte sich aus sechs Modulen zu je vier Tagen zusammen. Die Themenpalette reichte von A wie Arbeiten bis Z wie Zusammenarbeit und beleuchtete die wichtigsten kommunalen Politik- und Aufgabenfelder. Themenspezifische Exkursionen zu ausgewählten Fallbeispielen stellten zusätzlichen Praxisbezug her. Die Module wurden alternierend in Wien (Schloß Laudon) und in Bratislava (VŠEMvS) durchgeführt.
Im Mittelpunkt des ersten Moduls, als Grundlage für die nachfolgenden Lehrinhalte, stand das moderne Management öffentlicher Verwaltungen mit seinen Methoden, Instrumenten und aktuellen Trends. Theorie und praktische Ansätze von „New Public Management“ und „Good Governance“ wurden ebenso vermittelt, wie neue Anforderungen an die Verwaltung. Besonderes Augenmerk wurde auf aktuelle Entwicklungen im Bereich der Gemeindekooperation und -fusion gelegt. Michael Schickhofer, Landesrat in der Steiermark, stellte die Gemeindestrukturreform der Steiermark vor. Viktor Nižňanský, Experte für Regionalentwicklung und Regierungsberater, brachte die slowakischen Erfahrungen im Gemeindesektor ein. Hier zeigte sich, dass die kommunalen Strukturen und Probleme in beiden Ländern ähnlich sind und die Reformen stocken. Kleinteilige Strukturen erschweren die kommunale Leistungserbringung. In beiden Fällen ist daher die Sicherung von qualitativ hochwertigen kommunalen Leistungen in den vorhandenen Strukturen schwierig.
Im Rahmen von Modul 1 wurden Grundzüge der Gewährleistung sozialer Wohlfahrt und Sicherheit vermittelt. Dabei wurden zentrale Wohlfahrtsindikatoren beider Länder/Regionen mit dem Fokus auf soziale Risiko- und Randgruppen der Bevölkerung verglichen und gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern analysiert und interpretiert. Interessant war die Erkenntnis, dass der Begriff „Daseinsvorsorge“ in der Slowakei ausschließlich die soziale Für- und Vorsorge definiert, während in Österreich darunter die gemeinwohlorientierte Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen einschließlich der Infrastruktur durch die öffentliche Hand verstanden wird. In diesem Zusammenhang wurde von den slowakischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern als wichtigste Aufgabe für den öffentlichen Sektor die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in die Diskussion eingebracht. Hier haben sich sehr unterschiedliche Zugänge beiderseits der Grenze herauskristallisiert.
Modul 2 gab einen Einblick in praxisorientierte Konzepte im Bereich Aus- und Weiterbildung. Dabei wurden die Strukturen und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung im öffentlichen Bereich vorgestellt. Die Weiterbildung öffentlich Bediensteter hat in Österreich höheren Stellenwert und in der Slowakei muss generell eine höhere Fluktuation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehandhabt werden. Dies hat Auswirkungen auf die Weiterbildung von Beamtinnen und Beamten, die in der Slowakei weniger Trainingsangebote vorfinden. Das duale Ausbildungssystem im privaten Sektor (Stichwort Lehrlinge), das in Österreich etabliert ist, hat sich in der Diskussion als gutes Modell erwiesen. In der Slowakei wurde dieses System vor kurzem wieder eingestellt, obwohl der Bedarf noch immer vorhanden ist.
Modul 3 widmete sich den ökonomischen Potenzialen der TwinRegion unter dem Aspekt der Innovation und Nachhaltigkeit. Dabei wurden die Unterschiede in der Wirtschaftsentwicklung und Wirtschafts- und Standortförderung der beiden Länder aufgezeigt. Herausgearbeitet wurde die Notwendigkeit und Bedeutung endogener Faktoren und Potenziale bei der Standortentwicklung. Große internationale Betriebe sind zwar wichtig, können jedoch schnell wieder abwandern. Heimische (Familien-)Unternehmen schaffen hingegen dauerhafte Arbeitsplätze. Dies gilt es seitens des öffentlichen Sektors verstärkt zu unterstützen.
Modul 4 behandelte vorrangig die große (technische) Gemeindeinfrastruktur. Zudem wurde die Anbindung der Städte und Gemeinden an die überregionalen Versorgungsnetze im Bereich Energie, Telekommunikation und Verkehr behandelt. Hier stellten sich die unterschiedlichen Kompetenzen in den beiden Ländern heraus. Während in Österreich die Gemeinden entweder auf überörtliche Unterstützung der Bundesländer, von Verbänden oder gar auf Bundeskompetenz verweisen können, sind die slowakischen Gemeinden in der Regel auf sich allein gestellt. Die Gemeinden sind gezwungen, Verhandlungen einzeln mit den Straßen-, Bahn-, Telekommunikationsbetreibern etc. zu führen und sind dadurch in einer schwächeren Verhandlungsposition.
Neben den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungen hinsichtlich der Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels in der TwinRegion wurde u.a. der effiziente und effektive Einsatz von Instrumenten des Krisenmanagements (Katastrophen-, Vorsorge- und Adaptierungsschutz) bei diversen Natur- und Umweltkatastrophen anhand von Praxisbeispielen aufgezeigt. Die dezentrale Organisation des österreichischen Katastrophenwesens wurde von Kurt Reiter, Leiter der Gruppe öffentliche Sicherheit in der Bezirkshauptmannschaft Zell am See, vorgestellt. Im Dialog mit Stanislav Filip, Vizerektor der VŠEMvS und Experte für Risikomanagement, zeigte sich die zentrale Ausrichtung des Katastrophenschutzes in der Slowakei. Diese ist auf Ministeriumsebene angesiedelt.
![]() |
Foto: PMP 2012/2013 |
Neben den Modulinhalten wurde von den österreichischen und slowakischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern v.a. der interkulturelle Mehrwert und Nutzen des Lehrgangs begrüßt.
Die Projekterkenntnisse werden am 9. und 10. Dezember 2013 im Rahmen einer internationalen Donauraumkonferenz im Wiener Rathaus präsentiert und diskutiert. Zudem wird bereits an einer Summer School für die TwinRegion gearbeitet. Dies auch vor dem Hintergrund, dass nur ein leistungsfähiger öffentlicher Sektor die Grundlage für einen starken gemeinsamen Donauraum ist.
|