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FAG-Faktencheck 5: Können Städte und Gemeinden den geplanten Ausbau der Kinderbetreuung mit bestehenden Mitteln finanzieren?

Abbildung 1: Ausgaben für Kindertagesheime in Mio. Euro, 2007 bis 2021
Abbildung 1: Ausgaben für Kindertagesheime in Mio. Euro, 2007 bis 2021
Abbildung 2: Operative Einzahlungen und Auszahlungen der Gemeinden mit Wien  in Mio. Euro, 2007 bis 2021
Abbildung 2: Operative Einzahlungen und Auszahlungen der Gemeinden mit Wien in Mio. Euro, 2007 bis 2021

Aufgrund des starken Ausbaus der Kinderbetreuungsangebote seit 2008 haben sich die öffentlichen Ausgaben mehr als verdoppelt. Gleichzeitig sank der Ausgabendeckungsgrad bei Gemeinden für den laufenden Betrieb von 30 auf rund 25 Prozent. Dadurch wird die Finanzierung des laufenden Betriebes immer schwieriger. Zukünftig wird dieser Trend durch Qualitätsausbau und die Personalknappheit verstärkt.

Fakt 1: Der Kinderbetreuungsbereich ist ein besonders dynamischer Bereich.

Die Ausgaben im Kinderbetreuungsbereich der Länder und Gemeinden gemeinsam beliefen sich 2021 auf 3,1 Mrd. Euro. Davon entfielen 519 Mio. Euro auf die Bundesländer ohne Wien (16%), 1.777 Mio. Euro auf die Gemeinden ohne Wien (57%) und 835 Mio. Euro auf Wien (27%). Lagen die Ausgaben 2007 noch bei 1,3 Mrd. Euro, stiegen diese bis zum Jahr 2021 auf
3,1 Mrd. Euro (+149 Prozent). Ein besonders starker Anstieg der Ausgaben ist in den ersten Jahren nach Einführung der ersten Art. 15a-Vereinbarung zum Ausbau an Kinderbetreuungseinrichtungen zu erkennen.

Der größte Teil der Ausgaben (1,6 Mrd. Euro) betrifft das Personal. Diese stiegen von 2007 bis 2021 um rund 123 Prozent. Zweitwichtigste Ausgabengruppe stellen die Transfers an private gemeinnützige Einrichtungen (796 Mio. Euro) dar, womit die – besonders stark gestiegenen – Förderungen an private Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen abgedeckt werden.

Weitere wichtige Ausgabengruppen sind der Sachaufwand mit 408 Mio. Euro sowie die Investitionen mit 233 Mio. Euro. Insbesondere die gestiegenen Investitionen sind Ergebnis der Art. 15a-Vereinbarungen zum Ausbau des Kinderbetreuungsangebotes. 2008 kam es zu einem sprunghaften Anstieg von 55 auf 137 Mio. Euro, 2009 erhöhte sich der Wert auf 181 Mio. Euro. 2011 sanken sie auf 136 Mio. Euro ab – sicher nicht zuletzt eine Auswirkung der Wirtschaftskrise –, um ab 2012 wieder anzusteigen und 2019 den vorläufigen Höhepunkt zu erreichen. Seit 2019 stagnieren die Investitionen.

Abbildung 1: Ausgaben für Kindertagesheime in Mio. Euro, 2007 bis 2021
Abbildung 1: Ausgaben für Kindertagesheime in Mio. Euro, 2007 bis 2021

Anmerkung: Ordentliche und außerordentliche Ausgaben der Länder und Gemeinden für Kindergärten, Krippen, Kleinkinderbetreuungseinrichtungen, altersgemischte Betreuungseinrichtungen und Horte. Anmerkung: PDOEs = private Dienste ohne Erwerbszweck.

Fakt 2: Der Zuschussbedarf der Gemeinden steigt stark.

Der laufende Zuschussbedarf der Gemeinden (inkl. Wien) im Kinderbetreuungsbereich hat sich seit 2007 massiv erhöht. Während die operativen Einzahlungen von 278 Mio. Euro auf 627 Mio. Euro (+129 Prozent) anstiegen, erhöhten sich die operativen Auszahlungen von 954 Mio. Euro auf 2.319 Mio. Euro (+153 Prozent) noch stärker. Der Zuschussbedarf wuchs damit von 2007 bis 2021 von 643 Mio. Euro auf 1.692 Mio. Euro (+163 Prozent) an.

Zwar stiegen parallel auch die Einnahmen durch Zuschüsse, allerdings nicht in dem Ausmaß, dass die Steigerung der Ausgaben gedeckt werden konnte. Bei der Betrachtung des Ausgabendeckungsgrades[1] zeigt sich, dass dieser über die Jahre kontinuierlich sank. Konnten 2007 noch 30 Prozent der Ausgaben durch Einnahmen gedeckt werden, lag der Anteil in den letzten Jahren bei rund 25 Prozent. 

Abbildung 2: Operative Einzahlungen und Auszahlungen der Gemeinden mit Wien  in Mio. Euro, 2007 bis 2021
Abbildung 2: Operative Einzahlungen und Auszahlungen der Gemeinden mit Wien in Mio. Euro, 2007 bis 2021

Anmerkung: Ordentliche Einnahmen und Ausgaben stellen im Wesentlichen den laufenden Bereich dar, nicht jedoch die Investitionstätigkeit.

Fakt 3: Qualitätssteigerungen und Personalknappheit werden die Gemeinden zusätzlich zum Ausbau der Angebote auch künftig vor Herausforderungen stellen.

Während mit den Art. 15a-Vereinbarungen ein starker Fokus auf den quantitativen Ausbau der Kinderbetreuungsangebote gelegt wurde, ist zuletzt in den meisten Bundesländern ein Trend zu kleineren Gruppengrößen zu verzeichnen. Damit soll auch mehr in die Qualität investiert werden. Zusätzlich gibt es auch verstärkt Vorgaben der Länder betreffend Gratis-Angeboten oder einer reduzierten Einhebung von Elternbeiträgen. Weiters müssen zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden, da die Anteile an Kindern mit nicht-deutscher Umgangssprache kontinuierlich zunehmen.  

Dies bedeutet für die Gemeinden auch höhere Zuschussbedarfe in den laufenden Betrieb, welche nur teilweise über Zuschüsse von Ländern und Bund ersetzt werden. Schlussendlich ist es eine Fragestellung der politischen Schwerpunktsetzung, wieviel Geld für die Elementarpädagogik aufgewendet wird. Aktuell liegen die Ausgaben in Österreich bei 0,7 Prozent des BIP. Die OECD empfiehlt hingegen, 1 Prozent des BIP in die elementare Pädagogik zu investieren. Im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen besteht die Möglichkeit, in die Richtung der OECD-Empfehlung zu gehen und zusätzliche Mittel für die elementare Bildung zur Verfügung zu stellen.

Weiterführende Links

Factsheets Elementare Bildung

Blogbeitrag: Worum es bei den 15a-Vereinbarungen geht

 

[1] Anteil der direkt zuordenbaren Einnahmen wie Elternbeiträge und Zuschüsse des Landes bzw. des Bundes an den Ausgaben.

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