
Das Streben nach Innovationen und die institutionelle Verankerung von kontinuierlichen Verbesserungsprozessen zeichnen einen modernen und zukunftsgerichteten öffentlichen Sektor aus. Voraussetzung dafür ist zweifelsohne ein proaktiver Zugang zum Benchlearning und zur Gestaltung von Netzwerken. Das gemeinsame Lernen von einander und dadurch, gemeinsame Lösungen für ähnlich gelagerte Probleme zu finden, nimmt einen immer wichtigeren Aspekt in der Arbeit des öffentlichen Sektors ein. Die Idee der Vernetzung bildet einen wichtigen Bestandteil im Konzept des Public Governance.
Public Governance forciert eine systemübergreifende Zusammenarbeit von Akteuren aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Die Kooperation erfolgt innerhalb von vertikal und horizontal verflochtenen Netzwerken, basiert auf einem System gemeinsam herausgebildeter Normen und Regeln. Horizontale Netzwerke im öffentlichen Bereich haben bereits Bedeutung: von interkommunalen Kooperationen auf Gemeindeebene bis zu Benchlearning-Projekten zwischen Bezirkshauptmannschaften. Vertikale Netzwerke im Bereich der Verwaltung bilden bedeutet eine Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen staatlichen Ebenen. Dabei stellen sich einige Fragen:
Zentrale Aktivitäten im Bereich der Aus- und Weiterbildung von MitarbeiterInnen der öffentlichen Verwaltung können gemeinsam erledigt werden. In diesem Bereich gibt es österreichweit schon entsprechende Angebote der Landesverwaltungsakademien auch für Städte und Gemeinden. Gleichzeitig gibt es auch gemeinsam genutzte Angebote von Bund und Ländern sowie des Bundes für Landes- und Gemeindebedienstete.
Ansätze im Bereich der gemeinsamen Weiterbildung für Landes- und Gemeindebedienstete gibt es in den Bundesländern Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Gemeinsame Angebote für Bundes- und Landesbedienstete bietet die Verwaltungsakademie des Bundes. Ein Beispiel dafür ist unter anderem die Summer School Public Management, deren Teilnehmerkreis sich im Sommer 2009 jeweils zur Hälfte aus Führungskräften von Bund und Ländern zusammensetzte.
Die staatlichen Ebenen sollen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchlässig sein. Das bedeutet, dass eine Personalrotation zwischen den einzelnen staatlichen Ebenen sinnvoll ist und eine Möglichkeit bietet, Erfahrungen zu sammeln. In diesem Zusammenhang kann ein strukturierter, zeitlich begrenzter Personalaustausch zwischen den Ebenen ein sinnvoller Ansatz sein, um ein Lernen voneinander zu forcieren (Austauschprogramme).
Die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie erfordert die Einsetzung einheitlicher Ansprechpartner für bestimmte Aufgaben. Diese Idee des einheitlichen Ansprechpartners bzw. der ganzheitlichen Aufgabenerledigung könnte auf weitere Aufgabenbereiche ausgeweitet werden. Eine Möglichkeit wäre die Entwicklung und Umsetzung von dezentralen Servicestellen, in denen beispielsweise Leistungen von Gemeinden und Bezirkshauptmannschaften wie auch anderen öffentlichen Stellen gemeinsam angeboten werden. Der Kundenkontakt läuft über diese bürgernahe Servicestelle, die abschließende Erledigung in den Back-Offices der jeweils zuständigen Gebietskörperschaft. Einheitliche Service- und Qualitätsstandards wie auch die Abgeltung der für andere Gebietskörperschaften erbrachten Leistungen bilden zentrale Eckpunkte.
Dieser Ansatz kann in einem ersten Schritt für verschiedene Lebenssituationen wie Geburt, Eheschließung, Tod, Zuzug, soziale Unterstützung, Betreuung im Alter, Gewerbeagenden, usw. entwickelt werden.
Im Bereich der Support-Leistungen gibt es eine Vielzahl von Potenzialen für eine gemeinsame über die einzelnen staatlichen Ebenen hinausreichende Nutzung von Leistungen (Buchhaltung, Personalverrechnung, Fuhrpark, Druck, EDV). Erste Potenziale werden insbesondere innerhalb der einzelnen staatlichen Ebenen genutzt. Hier sind die Bündelung von Buchhaltungsaufgaben auf Bundesebene und die Bündelung unter-schiedlicher Aufgaben innerhalb der Landesverwaltungen sowie auch Shared Service-Projekte auf der Gemeindeebene zu nennen.
Die verschiedenen Sozialhilfebereiche (Sozialhilfe i.e.S., Pflege, Jugendwohlfahrt, Behindertenhilfe) sind zwischen und innerhalb der einzelnen Bundesländer unterschiedlich organisiert. Die bundesländerübergreifende Koordination und Planung sowie Einbeziehung der Städte und Gemeinden in den Erstellungsprozess des Bedarfs- und Entwicklungsplanes des Landes sind Ansatzpunkte zur vertikalen Vernetzung, um so die Zusammenarbeit von Land und Gemeinden zu verbessern. Dabei ist eine Planung im Gegenstromverfahren anzustreben, um die verschiedenen Ebenen bestmöglich einzubeziehen und Lernprozesse zu fördern.
Voneinander und miteinander lernen ist ein zentraler Gedanke bei der Bildung von Netzwerken. Vielfach gibt es Wissen und Ideen, Aufgaben effizienter und effektiver zu erledigen. Dieses Wissen wird jedoch nicht oder nur informell zwischen den einzelnen Behördenebenen ausgetauscht. Netzwerke, innerhalb derer Wissen strukturiert ausgetauscht und voneinander gelernt werden kann, sind eine wesentliche Chance für die Weiterentwicklung von Behörden und Steigerung von Effizienz und Effektivität. Ein positives Beispiel hiefür ist die Initiative der Bezirkshauptmannschaften Eisenstadt Umgebung, Hallein, Hermagor, Rohrbach und Zell am See. Diese haben den Gedanken des voneinander und miteinander Lernens – ausgehend von den genannten Bezirkshauptmannschaften – schon über mehrere Gebietskörperschaftsebenen hinaus getragen und ermöglichen damit ein gezieltes und strukturiertes Lernen.
Ein weiteres Beispiel findet sich derzeit im Projekt Qualitätsstandards in den Bezirksverwaltungsbehörden. Dabei werden zuerst in den Bereichen Bürgerservicestellen, Kundenbefragungen und Betriebsanlagen gemeinsame Standards für Bezirkshauptmannschaften und Stadtmagistrate erarbeitet. Der CAF – als im öffentlichen Bereich bereits weit verbreiteter QM-Ansatz – kann dabei eine wichtige Basis bilden, der mit diesem Instrument Vergleiche von Qualitätsbemühungen und gemeinsames Lernen unterstützt.
Das Bundeskanzleramt hat im Projekt „Regional Benchlearning“ auf Basis des CAFs grenzüberschreitenden Wissensaustausch mit Landes- und Bezirksverwaltungen aus Österreich, der Slowakei, der Tschechischen Republik und Ungarn durchgeführt.
Mit den Programmen Interreg und Territorialer Kooperation fördert die Europäische Union seit Jahren die Vernetzung von öffentlichen Verwaltungen. Mittlerweile ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Form von Kooperationsprojekten in vielen österreichischen Verwaltungen zur Selbstverständlichkeit geworden. Das KDZ hat dazu einen Beitrag geleistet, wie im Artikel zu den internationalen Aktivitäten anschließend dargestellt wird. Wenn es um die Überschreitung der Bundesländergrenzen geht, ist jedoch ein eher zögerliches Verhalten zu erkennen und die Förderprogramme zur Initiierung von solchen länderübergreifenden Netzwerken fehlen noch. Fazit ist, was auf EU Ebene selbstverständlich ist, bedarf innerhalb Österreichs noch der Entwicklung und der Ausarbeitung von Förderkonzepten.
In der Praxis entstehen Netzwerke nicht von selbst, sondern müssen er-möglicht, entwickelt und gefördert werden. Dazu bedarf es inhaltlicher Initiativen und einer Leitidee. Auf Basis dieser Leitideen müssen relevante sowie interessierte Personen und Gruppen zusammengebracht werden. Hier muss es Unterstützung durch Politik und Verwaltung geben sowie eine zentrale Anlaufstelle, die die Steuerung und Koordination des Gesamtprojektes übernimmt. Netzwerke müssen so gestaltet sein, dass alle beteiligten Organisationen davon profitieren können und sich aus der Zusammenarbeit eine Steigerung von Effizienz und Effektivität und damit eine Win-Win-Situation ergibt.