Vor genau 30 Jahren wurde auf dem KGSt-Forum, damals auch in Hamburg, das „Neue Steuerungsmodell“ vorgestellt. Die Stadt Hamburg nahm dies zum Anlass und präsentierte in einer Veranstaltung am Tag vor dem KGSt-Forum 2023 das „Hamburger Steuerungsmodell“. Im Mittelpunkt des „Hamburger Steuerungsmodells“ stehen die strategische Steuerung, zielbezogene Budgetierung, ein leistungsbezogener Produkthaushalt, integrierte Fach- und Ressourcenverantwortung sowie Berichtswesen und Controlling. Diese Steuerungselemente sind auch für Österreichs Städte relevant und sollten auch in Österreich angewandt werden.
Ausrichtung auf gemeinsame Zukunftsmissionen
Sowohl die Verwaltung als auch die öffentlichen Unternehmen arbeiten in Hamburg an einer gemeinsamen Zukunftsmission. Die Ziele der einzelnen Organisationseinheiten lassen sich aus dieser grundsätzlichen Zukunftsmission ableiten und bilden die Grundlagen für die Budgetierung und das Controlling. Die gemeinsame Entwicklung einer Zukunftsmission ist auch für Österreichs Städte aufgrund der großen Herausforderungen des Klimawandels bei sinkenden finanziellen Mitteln essentiell. Ziele sollten sinnvollerweise auch in Österreich verstärkt die Grundlage der Budgetierung und Steuerung einer Stadt sein.
Netzwerkkommune
Das KGSt-Forum im September 2023 in Hamburg stand im Zeichen der „Netzwerkkommune“. Grob gesprochen ist die Netzwerkkommune die nächste Transformationsstufe der Kommunen. Die erste Stufe wird als Ordnungskommune betitelt, die stark juristisch und bürokratisch geprägt ist. Oberstes Ziel ist die ordnungsgemäße Ausführung der ihr übertragenen Aufgaben. Über die Jahre wurden jedoch schon einige Reformphilosophien durchlebt. So wurde mit der Welle von New Public Management der Begriff „Dienstleistungskommune“ geprägt. Gemeinden sollen wettbewerbsorientierter handeln und über den Output steuern. Die letzten Jahre brachten im Umgang mit Bürger*innen jedoch einen Wandel. Bürgerbeteiligungsformate sind keine Seltenheit mehr. Die sogenannte „Bürgerkommune“ ist das Gebot der Stunde. Zukünftig werden Gemeinden immer mehr in (Öko-)Systemen handeln und planen müssen als „Netzwerkkommune“ mit dem übergeordneten Ziel der ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit – in Anlehnung an die Agenda 2030. Die Netzwerkkommune erweitert das Neue Steuerungsmodell um die Komponenten der Kommunikation, der Partizipation und der Kooperation.
Gerade die genannten Komponenten stellen wesentliche Erweiterungen dar, da die Kommune nicht im luftleeren Raum agiert, sondern mit der Zivilgesellschaft, NPOs und auch anderen Stakeholdern immer mehr zusammenarbeiten muss.
Kommunales Nachhaltigkeitsmanagement
Bei dem Forum für kommunale Praktiker*innen ging es aber auch um konkrete Umsetzungsmöglichkeiten, Nachhaltigkeit über das Budget zu steuern. In der Praxis existieren diese eben beschriebenen Stufen nicht nebeneinander, sie greifen eher ineinander. Dabei wurde die Einführung der Doppik als Instrument hervorgehoben, welches eine Nachhaltigkeitssteuerung nun ermögliche durch unterjährige Berichte, Konsolidierungsmöglichkeiten mit Ausgliederungen sowie das generationengerechte Budgetieren.
In Deutschland ist, anders als in Österreich, die Steuerung des Haushalts über Produktgruppen eine gängige Praxis. Die deutsche Stadt Detmold hat beispielsweise ihren Produkthaushalt mit den 17 SDGs verknüpft und somit einen Nachhaltigkeitshaushalt geschaffen. Jedem Produkt wurde nach dem Überwiegensprinzip ein SDG zugeordnet. Das Ganze wurde mithilfe einer Software implementiert, die eine interaktive Darstellung des Haushalts ermöglicht. Hinter jedem SDG ist ersichtlich, welches Produkt der Stadt einen Beitrag dazu leistet. Unterlegt werden die Finanzdaten mit Leistungsdaten aus dem SDG-Portal der Bertelmanns Stiftung (www.sdg-portal.de), die mittels Schnittstelle eingespielt werden. Somit werden die Finanzdaten nicht isoliert betrachtet, sondern es kann eine Priorisierung der Ziele in der politischen Debatte durch Datentransparenz stattfinden.
Produkthaushalte in Österreich – ein neuer Versuch?
Nun stellt sich die Frage, was Österreichs Städte und Gemeinden hier mitnehmen können. Gerade eine Ausrichtung der gesamten Stadt auf eine gemeinsame Zukunftsmission ist eine wichtige Grundlage. Die daraus abgeleiteten Ziele sollten die Basis für die Budgetierung und die Steuerung darstellen. Um nicht das Rad neu zu erfinden und auf bestehenden Systemen zu bauen, können aus KDZ-Sicht statt Produkthaushalten die Ansätze des Haushalts vertiefend gegliedert werden. Dies steht den Gemeinden grundsätzlich gemäß VRV frei (und zwar ab der vierten Stelle). Jedem Ansatz kann ein SDG zugeordnet werden, um sich somit einen ersten Überblick zu verschaffen, wie viel Geld in bestimmte Bereiche fließt. Wichtig ist jedoch eine Priorisierung der Ziele und eine tatsächliche Steuerung mit den neu gewonnenen Daten. Dafür ist die Betrachtung gemeinsam mit Leistungsdaten unerlässlich.
Hiermit könnten ausgehend von der VRV und auf Basis der SDGs erste Nachhaltigkeitsberichte in Österreichs Städten und Gemeinden entwickelt und auf Basis von Zielen eine zielbezogene Steuerung etabliert werden.