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Elementarpädagogik - System unter Druck!

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Eine gute Betreuung von Kindern ist von höchster gesellschaftspolitischer Bedeutung. Werden Kinder unter 6 Jahren von qualifizierten Elementarpädagog*innen adäquat betreut, haben diese – so Studien der OECD[1] – signifikant bessere Chancen im späteren (Berufs)Leben. Mit einer guten Betreuungsinfrastruktur fällt es Eltern leichter, Beruf und Familie vernünftig zu vereinbaren. Dann können insbesondere Frauen ihre Fähigkeiten am Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen.

Doch im System der Elementarpädagogik in Österreich knirscht es ordentlich. Offene Stellen sind vielfach nur schwer zu besetzen, weil der Arbeitsmarkt leer ist. Viele Beschäftigte suchen nach beruflichen Alternativen, weil sie mit den Arbeitsbedingungen nicht zufrieden sind.

Um genauer einschätzen zu können, wie es bei den Städten um die Personalsituation in der Kinderbetreuung aussieht, hat das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung im Auftrag des Österreichischen Städtebundes die Situation in 10 österreichischen Städten in den Blick genommen und im Rahmen von Experteninterviews jeweils nachgefragt, wie groß die Personalnot bei den Elementarpädagog*innen aktuell ist, welche Maßnahmen die einzelnen Städte gegen die Personalnot bereits eingeleitet haben (und was hier am besten wirkt) und was es jetzt aus Sicht der Städte braucht, um auch zukünftig eine zureichende personelle Versorgung in der Elementarpädagogik sicherstellen zu können.

Der schnelle Blick in die kommunale Praxis lässt folgende vorläufige Schlüsse zu:
  • Die wirkliche Personalnot kommt vielfach erst noch! In einigen – nicht nur großen Kommunen – können die erforderlichen Stellen derzeit schon nicht zureichend besetzt werden. Leistungseinschränkungen sind oftmals nicht mehr zu vermeiden. In der Mehrzahl der befragten Kommunen wird die Personalnot aber erst noch virulent werden, wenn diese aufgrund ihrer derzeit noch günstigen Altersstruktur Stellen neu besetzen müssen.
  • Der Arbeitsmarkt ist leer, die Bereitschaft zum Wechsel hoch! Alle von uns befragten Kommunen berichten einhellig, dass der Markt für Elementarpädagog*innen defacto leer ist. Weniger angespannt ist noch die Verfügbarkeit von Assistenzkräften, die jedoch den eklatanten Mangel an Elementarpädagog*innen nicht (bzw. nur sehr begrenzt) mindern können. Das Ausbildungssystem für Elementarpädagog*innen, das sich in hohem Maße auf die Bildungsanstalten für Elementarpädagogik (BAfEP) stützt, kann den derzeitigen und zukünftigen Bedarf an Arbeitskräften nicht decken, weil nur ein kleiner Teil der Absolvent*innen in den erlernten Beruf einsteigen und nicht wenige, die dies tun, dann oftmals relativ schnell wieder aussteigen (Überforderung, andere Vorstellungen vom Beruf).
  • Recruiting neu denken! Wer also derzeit sucht, muss sich etwas – „Kreatives“ – einfallen lassen. Die Kommunen setzen hier sowohl auf die Professionalisierung des Recruitings wie auch eine vermehrte Direktansprache von Pädagog*innen. Sie fördern gleichermaßen Praktika wie sie auch verstärkt Kooperationen mit Bildungseinrichtungen ausbauen.
  • Lust auf den Beruf machen – Attraktivität steigern! Alle Kommunen bemühen sich auf unterschiedliche Art und Weise, das Arbeiten in ihren Kinderbetreuungseinrichtungen attraktiv zu gestalten, um dann im Wettbewerb (mit anderen Kommunen) zu punkten. Neben klassischen Benefits wie Sozialleistungen, Teamcoachings sowie zusätzlichen Weiterbildungsmöglichkeiten nutzen Kommunen auch gezielte Entlastungen bei administrativen Arbeiten, eine Ausweitung der Urlaubs- oder Vorbereitungszeiten oder gezielte Profilierungen von Einrichtungen als Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung.
  • Abgestimmte österreichweite Initiativen! Um der bereits bestehenden, aber vor allem noch weiter zunehmenden Personalnot in der Elementarpädagogik etwas entgegenstellen zu können, braucht es neben den Initiativen und Aktivitäten der einzelnen Kommunen flankierende Maßnahmen, um den elementarpädagogischen Bereich zukunftsfit zu machen! Einzelne Bundesländer (z.B. Burgenland) haben dazu bereits die Entlohnung der Elementarpädagog*innen deutlich verbessert, um den Kommunen das Finden von Personal zu erleichtern. In den Interviews haben die Kommunen aber darüber hinaus weiteren Unterstützungsbedarf signalisiert, wie etwa Gesetzesänderungen, um den Kreis der potenziellen Beschäftigten aus anderen Berufsgruppen zu erweitern. Auch könnten breit angelegte Imagekampagnen hilfreich sein, um die Bedeutung der Elementarpädagogik in der Gesellschaft deutlicher zu machen (siehe Eingangsstatement) und vor allem alte Bilder in den Köpfen vieler Menschen zu entfernen: Kinderbetreuung ist Bildungsarbeit und nicht nur Aufbewahrung! Und zuletzt bräuchte es eine gemeinsam getragene Ausbildungsinitiative, die einerseits sicherstellt, dass mehr Absolvent*innen aus den bestehenden Systemen (BafEP) zur Verfügung stehen, dass auch Assistentinnen eine einheitliche Ausbildung bekommen und dann auch überall in Österreich arbeiten dürfen, und dass verstärkt alternative Bildungswege – z.B. Kollegs für Quereinsteiger*innen – geschaffen und der Zugang für andere soziale/pädagogische Berufsgruppen in der Elementarpädagogik erleichtert wird.

Es gibt viele Ideen, sich dem verschärfenden Personalmangel entgegenzustellen: Von der Erschließung von weiteren Personalreserven, der Verbesserung der Arbeitsbedingungen (z.B. Betreuungsschlüssel, Aus- und Weiterbildung) und mehr Anerkennung der Arbeit bis hin zu neuen Organisationslösungen (Schaffung von regionalen Versorgungseinrichtungen).

Allein mit mehr Geld ist das System letztlich nicht zu retten. Bei der Lösung des Personalproblems in der Elementarpädagogik muss mehrdimensional gedacht und gemeinschaftlich gehandelt werden, um möglichst viele Menschen für diese gesellschaftspolitische Arbeit zu gewinnen und zu halten.

Mit der Werkstatt Personal bietet das KDZ die Möglichkeit, zum niederschwelligen Erfahrungsaustausch von Personalverantwortlichen in Städten und Gemeinden (Nähere Informationen hier). Daneben beraten und unterstützen wir Organisationen und Kommunen zu unterschiedlichen Themen im Personalmanagement in diversen Projekten. Die Autor*innen stehen für Ihre Anfragen gerne zur Verfügung.

Zum Weiterlesen:

Factsheets Elementare Bildung

FAG-Faktencheck zur Elementarpädagogik

 

[1] Vortrag von Andreas Schleicher, OECD am Kinderbetreuungsgipfel 2023 in Wien; Download unter: https://www.wko.at/site/fiw/Kinderbetreuungsgipfel.html?shorturl=unternehmerinat_kinderbetreuungsgipfel.

Milluks Kerstin
Kerstin Milluks | Bundesministerium für Inneres (Deutschland)
Die CAF-Webinare und die Kooperation mit dem KDZ haben uns dabei sehr unterstützt, das Qualitätsnetzwerk der öffentlichen Verwaltung in Deutschland zu stärken.
Petra Holl
Amtsleiterin Petra Holl | Oberalm
Die Teilnahme an Seminaren des KDZ bedeutet für meine Mitarbeiter*innen und mich, gut vorbereitet auf die Herausforderungen der täglichen Arbeit zu sein.
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Mag. Thomas Wolfsberger | Finanzdirektor der Stadt St. Pölten
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