Presseaussendung

2023 fehlen Gemeinden bis zu 1,2 Milliarden Euro - Inflation trifft Gemeinden stärker als Corona

Das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung hat eine Übersicht über die voraussichtlichen Entwicklungen wichtiger Einnahmen- und Ausgabengrößen für das Jahr 2023 erstellt. Geht man im Jahr 2022 von einer Inflation von 8 bis 9 Prozent aus und weiteren 5 Prozent für das Jahr 2023 (WIFO-Prognose von Ende Juni 2022), so kann davon ausgegangen werden, dass ohne Gegensteuerungsmaßnahmen erneut eine Finanzierungslücke entsteht. Hinzu kommt, dass sich der Baupreis-Index von der Inflation entkoppelt hat und Ende Juni 2022 bei 115 Prozent (Hoch- und Tiefbau) gegenüber 2020 (Quelle: Statistik Austria) liegt. Die für die kommunale Ebene wichtigen Baupreise sind somit stärker gestiegen, als der Verbraucherpreis-Index, was sich negativ auf die Investitionstätigkeit der Gemeindeebene auswirkt.

Inflation und Energiepreise bremsen Investitionen

Städte und Gemeinden beginnen im Herbst mit der Erstellung des Voranschalges für das Jahr 2023. Aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen muss davon ausgegangen werden, dass die laufenden Ausgaben stärker wachsen werden als die laufenden Einnahmen. Aus heutiger Sicht kann von folgenden Entwicklungen gegenüber dem Voranschlag 2022 ausgegangen werden (Ausgaben):

  • Personalaufwand (abhängig von den Gehaltsabschlüssen): +6-8%
  • Material- und Betriebsaufwand: +11-13%
  • Instandhaltungsaufwand: +10-15%
  • Energieausgaben: 2 bis 10-fache Steigerung (abhängig von bisherigen Verträgen)
  • Sozialhilfe-Umlage und Krankenanstaltenumlage: +5-8%
  • Treibstoffe: +100%

Auf der Einnahmenseite ist folgende Entwicklung wahrscheinlich:

  • Gemeindeeigene Steuern: +3-5%
  • Gebühren: +6-7% (bei Valorisierung)
  • Ertragsanteile: -1 bis -2% (BMF-Prognose von Anfang Juli 2022)
  • Leistungs- und Mieterlöse: +3-5%
  • Laufende Transfereinnahmen: +3-5%

In Summe bedeutet dies, dass die laufenden Ausgaben doppelt so stark steigen wie die Einnahmen - voraussichtlich um 10 bis 11 Prozent (falls sich die Energiekosten verdreifachen), während die laufenden Einnahmen nur um 4 bis 5 Prozent zunehmen werden. Dies ergibt ein Delta für den Saldo 1 von 6 bis 7 Prozent bzw. 1,0 bis 1,2 Mrd. Euro. (Gemeinden ohne Wien). Damit fehlen den Gemeinden deutlich mehr Gelder als 2020, wo es aufgrund der Pandemie zu deutlichen Mindereinnahmen kam. Damals lag das Minus „nur“ bei rund 650 Mio. Euro.

Dieser Betrag wird den Gemeinden 2023 für neue Vorhaben (z.B. Ausbau Kinderbetreuung und Nachmittagsbetreuung, Umstellung der Energieversorgung in Gemeindeobjekten, Klimaschutzmaßnahmen) fehlen. Die Anzahl der Abgangsgemeinden wird wieder deutlich ansteigen, die Gefahr von Abstrichen bei der Daseinsvorsorge steigt.

Absicherung der kommunalen Daseinsvorsorge

Auch wenn die genannten Entwicklungen mit weiterhin deutlichen Unsicherheiten verbunden sind, zeichnet sich klar ein deutlich negativer Trend für die Gemeinden ab. Die Auswirkungen der Energiepreis- und Inflationskrise werden zu Einsparmaßnahmen bei den Gemeinden führen müssen. Die Ausgabensteigerungen werden jedoch nicht alleine durch Energieeinsparungen zu meistern sein. Das Begrenzen der Raumtemperaturen, die Abschaltung der Warmwasserbereitung in zahlreichen Bereichen oder der Außenbeleuchtung und des Anstrahlens repräsentativer Gebäude alleine wird daher nicht reichen, um das finanzielle Gleichgewicht der Gemeinden wieder herzustellen. Vielmehr werden erneut Konsolidierungsmaßnahmen der Gemeinden am Plan stehen.

Wie bereits in der Pandemie werden die Gemeinden die Krise ohne Hilfen von Bund und Ländern nicht ohne deutliche Abstriche in der Daseinsvorsorge meistern können. Die bereits mehrfach von Seiten der Gemeinden geforderte Energiepreisbremse könnte hier ein wichtiger Schritt sein. Möchte man jedoch, dass die durch die Inflation getriebenen Ausgabensteigerungen nicht sofort über Gebühren und weitere Leistungsbeiträge weitergegeben werden, braucht es eine grundlegendere Lösung für die Gemeindeebene.

„Es bedarf einen mehrdimensionalen Ansatz zur Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge”, folgert KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald. Einerseits sind über Konsolidierungsmaßnahmen Effizienzen innerhalb der Gemeinde zu heben, andererseits braucht es erneut ein Hilfspaket von Seiten des Bundes, welches die Liquidität der Gemeinden sichert. Gegenüber den Hilfspaketen aus der Pandemie sollte jedoch eine größere Differenzierung der Hilfspakete angestrebt werden.“ Besonderer Fokus sollte etwa auf die Finanzierung der Daseinsvorsorge gelegt werden: Kinderbetreuung, Schulen, Pflege und Infrastruktur.

Zusätzlich dazu sollte erneut ein Investitionsprogramm für die Gemeinden aufgelegt werden, um einen Investitionsrückstau zu vermeiden. Dabei sollten die Schwerpunkte auf der sozialen sowie klimaschutzrelevanten Infrastruktur liegen“, empfiehlt KDZ-Expertin Karoline Mitterer abschließend.

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