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Auswirkung der Teuerungen auf die Gemeindefinanzen - Der finanzielle Spielraum wird geringer

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Im Jahr 2022 ist die Inflation stark angestiegen, was auch für die Gemeinden u.a. Auswirkungen bei den Bau-, Energie- und Personalausgaben hat. Diese Ausgabensteigerungen haben große Effekte auf die Gemeindefinanzen und reduzieren den finanziellen Spielraum jedenfalls für 2023 und voraussichtlich auch für die Folgejahre.

Das KDZ hat gemeinsam mit zehn österreichischen Städten die Auswirkung der Teuerungen auf die Gemeindefinanzen analysiert und entsprechende Schlussfolgerungen formuliert. Die neun österreichischen Städte erstrecken sich über sämtliche Bundesländer und alle Größenklassen. Bei der Analyse wurden die Daten des letztverfügbaren Rechnungsabschlusses (RA 2021) mit dem Voranschlag 2023 verglichen. Soweit bereits Ergebnisse des Rechnungsabschlusses vorliegen, wurden diese ebenfalls berücksichtigt.

Auswirkung auf den Überschuss der operativen Gebarung

Es zeigt sich, dass der Saldo 1 (Überschuss der operativen Gebarung) in den teilnehmenden Städten zwischen 18,5 und 75 Prozent zwischen dem Rechnungsabschluss 2021
und dem Voranschlag 2023 zurückgegangen ist. Dies wurde insbesondere dadurch ausgelöst, dass sämtliche Ausgaben im Bereich der operativen Gebarung um mindestens zehn Prozent gestiegen sind. Dies betrifft die Personal- und Sachausgaben, wie jene für Instandhaltungen, Transfers für Sozialhilfe, Krankenanstalten aber auch private Kinderbetreuungsanbieter und die Zinsen für die Rückzahlung von Darlehen. Die Auszahlungen für Energie haben sich im Durchschnitt sogar (mehr als) verdoppelt. Der Rückgang des Überschusses der operativen Gebarung führt dazu, dass der finanzielle Spielraum der Gemeinden geringer wird. Die Finanzierung von Investitionen aus
laufenden Überschüssen wird schwerer bzw. ist in vielen Gemeinden gar nicht mehr möglich. Gleichzeitig müssen die Gemeinden darauf achten, dass der Überschuss aus der
operativen Gebarung groß genug ist, um die laufende Tilgung der eingegangenen Darlehensverpflichtungen zu finanzieren, was sich 2023 bei 25 bis 30 Prozent der Gemeinden bestenfalls noch gerade ausgehen wird.

Gute Ergebnisse 2022 dämpfen den Absturz

Soweit bereits Rechnungsabschlüsse des Jahres 2022 vorliegen, weisen sie ein erheblich besseres Ergebnis aus, als die Voranschläge und auch die Werte aus dem Jahr 2021. Dies liegt einerseits daran, dass die Gemeinden aufgrund der zu erwartenden Teuerungen und der Auswirkungen der Corona-Pandemie sehr vorsichtig budgetiert haben und andererseits, dass sich insbesondere die Ertragsanteile erheblich besser entwickelt haben als zu erwarten war. Damit liegt für die Gemeinden ein Finanzpolster vor, der den Absturz 2023 abschwächt.

Investitionen werden nicht reduziert – Finanzierung jedoch erschwert

Im Bereich der Investitionen gibt es derzeit kein Zurückfahren. Investitionen werden wie geplant durchgeführt. Hier kommt es teilweise aufgrund der Corona-Pandemie zu Nachholeffekten. Gleichzeitig sind die Investitionen aufgrund der Teuerung (insbesondere Anstieg des Baukostenindexes) auch erheblich kostspieliger geworden. In Niederösterreich und Salzburg besteht aufgrund landesgesetzlicher Vorgaben verstärkter Investitionsbedarf im Bereich der Kinderbetreuung. Aufgrund der Ausweitung des
Kinderbetreuungsalters müssen zum Teil neue Kindergartengruppen eingerichtet werden. Der Rückgang des Überschusses der operativen Gebarung (Saldo 1) wird die Finanzierung wie auch die künftig höhere Abgangsdeckung des laufenden Betriebes der Betreuungseinrichtungen wesentlich erschweren. Gleichzeitig ist es schwierig Personal, insbesondere Kindergartenpädagog*innen für die neu zu errichtenden Kindergärten zu finden.

Steigende Verschuldung und Zinslasten

Aufgrund des oben dargestellten Rückgangs beim Saldo 1 müssen Investitionen wieder verstärkt fremdfinanziert werden. Das bedeutet auch, dass die Gemeinden für die aufgenommenen Darlehen höhere Zinsen zahlen müssen, da das Zinsniveau erheblich gestiegen ist. Die Gesamtverschuldung der Gemeinden steigt somit auch an.

Bedeckungslücke

In einzelnen Städten zeigt sich auf Basis des Voranschlags 2023 eine Bedeckungslücke. Das bedeutet, dass ein negativer Saldo 5 gegeben ist, der durch bestehende Rücklagen (Zahlungsmittelreserven) oder Bankguthaben nicht ausgeglichen werden kann. Diese Bedeckungslücke liegt zwischen 180 und 780 Euro je Einwohner*in. Die Städte müssen diese Bedeckungslücke durch unterjährige erhöhte Einzahlungen (z.B. Darlehensaufnahmen) oder verminderte Auszahlungen (Kürzungen) ausgleichen. Damit sind natürlich besondere Herausforderungen im Budgetvollzug verbunden.

Die Gesamtverschuldung der Gemeinden wird steigen, tiefgehende Konsolidierungsmaßnahmen notwendig werden.

Ausblick und Empfehlungen

Die Städte gehen davon aus, dass sich die Auszahlungen für Energie auf einem höheren Niveau stabilisieren. Zuwächse bei den Auszahlungen für Personal und Instandhaltung
werden auch in den kommenden Jahren gegeben sein. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass die Einzahlungen für Ertragsanteile nicht im gleichen Ausmaß steigen werden
wie in den letzten Jahren. Die Städte werden das Jahr 2023 mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Schrammen überstehen. Ab dem Jahr 2024 müssen die Städte teilweise tiefgehende Konsolidierungsmaßnahmen umsetzen. Dies insbesondere dann, wenn die Dynamik der Auszahlungen bestehen bleibt und die Ertragsanteile als zentrale
Einnahmenquelle stagnieren und die gemeindeeigenen Steuern nicht reformiert werden. Für den neuen Finanzausgleich ab 2024 bedeutet dies:

  • eine Flexibilisierung des vertikalen Finanzausgleichs, um die besonders dynamischen Aufgabenbereiche (v.a. Kinderbetreuung, Ganztagsschulen, öffentlicher Verkehr, Soziales, Gesundheit) durch Anpassung der vertikalen Schlüssel auf die Gebietskörperschaftsebenen besser finanzieren zu können;
  • eine Reform der Finanzierung von Gesundheit und Soziales, da sich die Auszahlungen in diesen Bereichen in den kommenden Jahren sehr dynamisch entwickeln werden;
  • die Stärkung der Einnahmenpotenziale der Gemeinden – durch Grundsteuerreform und Stärkung der Nutzerfinanzierung,
  • Strukturreformen auf Gemeindeebene durch flächendeckende Kooperationen sowie das Andenken von Fusionen.

 

Milluks Kerstin
Kerstin Milluks | Bundesministerium für Inneres (Deutschland)
Die CAF-Webinare und die Kooperation mit dem KDZ haben uns dabei sehr unterstützt, das Qualitätsnetzwerk der öffentlichen Verwaltung in Deutschland zu stärken.
Petra Holl
Amtsleiterin Petra Holl | Oberalm
Die Teilnahme an Seminaren des KDZ bedeutet für meine Mitarbeiter*innen und mich, gut vorbereitet auf die Herausforderungen der täglichen Arbeit zu sein.
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Mag. Thomas Wolfsberger | Finanzdirektor der Stadt St. Pölten
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