Das Jahr 2022 war ein finanziell erfolgreiches Jahr für viele Gemeinden. Die Einzahlungen aus Ertragsanteilen stiegen beträchtlich, was zu Überschüssen in der laufenden Gebarung führte. Dieser finanzielle Spielraum ermöglicht es den Gemeinden, ihre Dienstleistungen und Infrastruktur auf einem hohen Niveau zu halten. Dennoch zeichnen sich in den kommenden Jahren ernsthafte Probleme und Herausforderungen für die Gemeindefinanzen ab. Was steckt dahinter?
Hohe Einzahlungen durch positive Steuerentwicklung
Die wichtigsten Einnahmen von Gemeinden sind neben den Ertragsanteilen (Anteil an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben wie Lohn- oder Umsatzsteuer) die eigenen Steuern (z.B. Kommunalsteuer) und Gebühreneinnahmen (z.B. für die Wasserversorgung). Diese Komponenten machen drei Viertel der Gesamteinnahmen aus. Das letzte Viertel machen primär Transferzahlungen von anderen Gebietskörperschaften aus. Insbesondere die Länder stützen Gemeinden mit laufenden Transferzahlungen für operative Kosten in bestimmten Bereichen (z.B. Personalkosten im Kindergarten) oder mit einmaligen Förderungen für Investitionen.
In den letzten zehn Jahren stiegen diese Einzahlungen der Gemeinden in Summe um etwa 43 Prozent. Im Jahr 2020 kam es aufgrund der Pandemie zu Rückgängen. Doch in den Jahren 2021 und 2022 erholten sich diese wieder rasch. Vor allem die Ertragsanteile sind überproportional gestiegen, da einerseits Steuerstundungen aus 2020 nachgeholt wurden (Einkommens- und Körperschaftssteuer) und andererseits der Konsum wieder angekurbelt wurde (Umsatzsteuereinnahmen sind um 4,7 Mrd. Euro gewachsen). Zusammen mit dem Anstieg der eigenen Steuern sowie der Gebühreneinnahmen um jeweils 33 Prozent zwischen 2013 und 2022 sorgte dies für das äußerst positive Finanzjahr 2022.

Prozentuell am stärksten gestiegen sind jedoch die laufenden Transfereinzahlungen (ein Plus von 66 Prozent). Dies ist einerseits auf die Zusatzmittel aus dem Finanzausgleichsgesetz 2017; andererseits auf die Maßnahmen der Länder zur Liquiditätsstützung der Gemeinden in den Jahren 2020 bis 2022 zurückzuführen. In den Jahren 2019 bis 2021 wurden vermehrt Kapitaltransfers für Investitionsprojekte eingenommen. Dies hängt unter anderem mit dem Kommunalen Investitionsprogramm 2020 des Bundes zusammen, das zum Ziel hatte, Investitionen in kommunale Infrastruktur zu sichern.
Die Gesamteinzahlungen der Gemeinden beliefen sich 2022 somit insgesamt auf 24,7 Mrd. Euro, die für kommunale Dienstleistungen und Infrastruktur zur Verfügung standen.
Kostensteigerungen je Aufgabenbereich sehr unterschiedlich
Den Einzahlungen stehen naturgemäß die Auszahlungen (inkl. Investitionen) der Gemeinden gegenüber. Diese beliefen sich 2022 auf 23,8 Mrd. Euro. Am bedeutendsten für die Gemeinden ist der Dienstleistungsbereich (v.a. Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung) mit etwa 27 Prozent der Auszahlungen. Dieser Bereich ist auch jener der größten Kostendeckung, da die Erbringung der Leistungen durch Gebühren und Entgelte von den Nutzerinnen und Nutzern direkt finanziert wird.

Der Pflichtschul- und den Kinderbetreuungsbereich macht 19 Prozent der Auszahlungen aus; weitere 13 Prozent der Auszahlungen wurden für den allgemeinen Verwaltungsbereich aufgewendet; auf die Bereiche Soziales und Gesundheit entfielen 12 bzw. 8 Prozent der Auszahlungen. Hierbei handelt es sich überwiegend um Umlagen, somit Finanzierungsbeiträge der Gemeinden zu eigentlichen Landesaufgaben wie Krankenanstalten oder Sozialhilfe. Besonders diese Umlagen belasten die Gemeindefinanzen, da die Gemeinden keinen Einfluss auf die Auszahlungshöhe haben. Die Transferzahlungen der Gemeinden an die Länder in den Bereichen Gesundheit und Soziales sind von 2013 bis 2022 um 50 Prozent gestiegen; die Ertragsanteile stiegen im gleichen Zeitraum um 49 Prozent. Dieser beinahe gleich hohe Anstieg ist auf die starke Erhöhung der Ertragsanteile für die Jahre 2021 und 2022 zurückzuführen. In der Vergangenheit stiegen die Umlagen stärker als die Ertragsanteile; dies dürfte auch künftig wieder der Fall sein.
Rund 8 Prozent der Auszahlungen betreffen den Verkehrsbereich. Untergeordnete Rollen spielten die Bereiche Öffentliche Ordnung und Sicherheit, der Kunst- und Kulturbereich sowie die Wirtschaftsförderung.
Eine beträchtliche Ausgabensteigerung zeigte sich im Kinderbetreuungs- und Bildungsbereich, in der Gesundheit und beim Sozialen. Die Auszahlungen erhöhten sich in diesen Aufgabenbereichen von 2013 bis 2022 zwischen 48 und 71 Prozent. Dieser Anstieg war in der Gruppe Bildung hauptsächlich auf die Ausbaubemühungen im Bereich der Ganztagsschulen und der Kinderbetreuung zurückzuführen. Der Gesundheits- und Sozialbereich war vor allem aufgrund der wachsenden Umlagen für Krankenanstalten und Sozialhilfe betroffen.
Der Anstieg der Auszahlungen lag von 2021 auf 2022 mit 6,3 Prozent unterhalb der Inflation von 8,6 Prozent im gleichen Zeitraum. Dieser Umstand führte zusammen mit dem zeitverzögerten Niederschlagen der Gehaltsverhandlungen in den Personalausgaben und der guten Entwicklung der Ertragsanteile zu dem äußerst positiven Finanzjahr 2022 für die österreichischen Gemeinden.
Erfolg mit aufziehenden Wolken
Trotz des starken Finanzjahres 2022 zeichnen sich in den kommenden Jahren große finanzielle Herausforderungen ab. Grundsätzlich wurden für die kostenintensiven Aufgabenbereiche Gesundheit, Pflege und Kinderbetreuung im Finanzausgleich 2024 zusätzliche finanzielle Mittel für Länder und Gemeinden zur Verfügung gestellt. Für die Gemeinden verbleibt jedoch die Frage, wieviel von diesen Mitteln schlussendlich auch als Entlastung im Bereich Ko-Finanzierungsverpflichtungen der Gemeinden (Umlagenzahlungen) ankommen.
In den meisten Bundesländern sind für 2024 Umlagensteigerungen von über 10 Prozent gegenüber 2023 vorgesehen. Dies zieht eine Verschlechterung der Einzahlungen der Gemeinden nach sich, sodass immer weniger Mittel aus den Ertragsanteilen für die Kernaufgaben der Gemeinden genutzt werden können.
Weiters bleibt der Ausbau des Kinderbetreuungsangebots bei gleichzeitig kleiner werdender Gruppengröße eine zentrale Forderung für die österreichischen Gemeinden. Neben der zusätzlich benötigten Infrastruktur stellt auch die Beschaffung von Personal die Gemeinden vor große administrative und finanzielle Herausforderungen.
Es kommen in den nächsten Jahren zusätzlich auch noch höhere Ausgaben in den Bereichen Klimaschutz, Klimawandelanpassung und öffentlicher Verkehr auf die Gemeinden zu.
Auch wenn das Jahr 2022 zu Überschüssen und zu Investitionen führten, sind zukünftige große finanzielle Hürden absehbar. Die finanziellen Belastungen durch steigende Umlagen und notwendige Investitionen in Kinderbetreuung, Gesundheit und Klimaschutz werden die Gemeindebudgets in den nächsten Jahren stark beanspruchen. Weitere Reformvorschläge und detaillierte Analysen finden Sie in der Stadtdialog-Publikation "Österreichische Gemeindefinanzen 2024", die wertvollen Einblicke und Empfehlungen für die Zukunft der Gemeindefinanzen bietet.
Die gesamte Studie können Sie hier lesen:
Eine aktualisierte Gemeindefinanzprognose erscheint Mitte Juni 2024.