Die finanziellen Spielräume der Gemeinden werden durch die COVID19-Krise deutlich reduziert. Die Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung sowie generell zur weiteren Entwicklung der gesetzten Maßnahmen sind dabei durchaus unterschiedlich. Dies erschwert Prognosen zu den Gemeindefinanzen. Das KDZ hat im Auftrag des Österreichischen Städtebundes mehrere mögliche Szenarien berechnen, in welche Richtung sich die Einnahmen der Gemeinden entwickeln können. Dabei werden Bandbreiten dargestellt, um den unterschiedlichen Prognosegrundlagen gerecht zu werden.
Rückgänge zwischen 900 Mio. und 2 Mrd. Euro
Bei den folgend dargestellten Szenarien sind einerseits die aktuellen Wirtschaftsprognosen des WIFO als auch die letzte BMF-Prognose eingeflossen. Weiters sind auch Ergebnisse einer im Auftrag des Österreichischen Städtebundes durchgeführten Befragung hinsichtlich der erwarteten Rückgänge – etwa bei der Kommunalsteuer oder anderen wichtigen Einnahmenbereichen – eingeflossen.
Insgesamt ergibt sich ein Rückgang der kommunalen Einnahmen in der günstigsten Variante von 900 Mio. Euro. Bei Verwendung der aktuellen Wirtschaftsprognosen des WIFO plus ergänzenden Annahmen zur Entwicklung der Ertragsanteile kann sich der Rückgang auf 2 Mrd. Euro erhöhen. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass diese Szenarien mit hoher Unsicherheit behaftet sind und es daher noch zu weiteren Anpassungen kommen wird müssen.
Verluste v.a. bei Ertragsanteilen und Kommunalsteuer Eine differenzierte Betrachtung nach Einnahmenbereichen zeigt große Differenzen v.a. bei den Prognosen zu den Ertragsanteilen der Gemeinden. Dies ist der Anteil der Gemeinden am allgemeinen Steuerkuchen – wie etwa Umsatzsteuer, Lohnsteuer oder Körperschaftssteuer. Im Szenario 1 sind die vergleichsweise günstigsten Entwicklungen zugrunde gelegt, welche auch das BMF in seiner letzten Ertragsanteilsprognose verwendete. Legt man die BIP-Prognosen des WIFO zugrunde und nimmt eine ähnliche Entwicklung wie bei der Finanzkrise 2009/2020 an, würde dies geschätzte Rückgänge um 775 Mio. bis zu 1,1 Mrd. Euro für das Jahr 2020 bedeuten.
Daneben zeigen sich jedoch auch Rückgänge in anderen Einnahmekategorien. Allen voran betrifft dies die Kommunalsteuer. Da für Personen in Kurzarbeit nur sehr eingeschränkt Kommunalsteuer anfällt, die Zahl an Arbeitslosen steigt und auch vermehrt Stundungsanträge in den Gemeinden einlangen, verzeichnen die Gemeinden deutliche Rückgänge im Kommunalsteueraufkommen. Bei vielen Gemeinden liegen die Rückgänge gegenüber einem Vergleichsmonat zwischen 20 und 40 Prozent, viele Gemeinden rechnen aber auch mit deutlich höheren Rückgängen.
Zusätzlich wird es jedoch auch zu Rückgängen bei weiteren laufenden Einnahmen kommen. Allen voran sind Tourismusabgaben zu nennen, welche sich möglicherweise auch bis Ende des Jahres nicht erholen werden. Es zeigen sich jedoch auch Ausfälle oder Stundungsansuchen bei Gebühren oder Mieten. Ein weiterer kritischer Bereich ist der Ausfall der Elternbeiträge im Kinderbetreuungsbereich, daher in Kindergärten und Schulen.
Deutlich mehr Abgangsgemeinden und fehlende Mittel für Investitionen
Die prognostizierten Einnahmenrückgänge werden viele Gemeinden in finanzielle Turbulenzen bringen, da der Überschuss aus der laufenden Gebarung sich halbieren wird, aber auch noch tiefer sinken könnte. So lag der Saldo der laufenden Gebarung – daher laufende Einnahmen abzüglich laufender Ausgaben – in den Nicht-Krisen-Jahren 2017 und 2018 bei 1,9 bzw. 2,1 Mrd. Euro (ohne Wien). Der Saldo der laufenden Gebarung ist jedoch eine wichtige Größe, zeigt sie doch den Spielraum für Investitionen. Primär gibt sie darüber Auskunft, inwieweit die laufenden Ausgaben sowie Schuldentilgungen durch laufende Einnahmen gedeckt werden können. Wichtig hierbei ist zu betonen, dass die finanzielle Situation der Gemeinden bei weitem nicht einheitlich ist. So gab es auch schon bisher zahlreiche Abgangsgemeinden, daher Gemeinden die bereits bisher ihre laufenden Ausgaben und Tilgungszahlungen nicht mit laufenden Einnahmen decken können. Es ist nun zu erwarten, dass der Anteil an Abgangsgemeinden rapide zunimmt.
Zweitens wird dieser Überschuss für Investitionen verwendet. Da Gemeinden gemäß innerösterreichischem Stabilitätspakt eine Null-Verschuldung aufweisen müssen, muss für Investitionen der Saldo aus der laufenden Gebarung verwendet werden. Fällt dieser Überschuss weg, fehlt das Geld für Investitionen. Rutscht der Überschuss in einen Abgang können selbst die laufenden Ausgaben nicht gedeckt werden.
Bei der obigen Darstellung zu den Mindereinnahmen muss weiters berücksichtigt werden, dass Ausgabensteigerungen hier noch nicht berücksichtigt sind. Diese sind insbesondere für die Bereiche Gesundheit und Soziales zu erwarten. Auch sind die kurzfristigen Einsparpotenziale in Gemeinden gering, da diese nicht unter die Kurzarbeitsregelung fallen.
Sinkende Investitionen werden folgen
Die Investitionen der Gemeinden ohne Wien sind bei der letzten Wirtschaftskrise von 2009 auf 2010 um 460 Mio. Euro bzw. 25 Prozent gesunken. Die Ertragsanteile sanken damals um 6 Prozent, der Saldo aus laufenden Einnahmen und Ausgaben – das ist eine zentrale Kennzahl für PROGNOSE GEMEINDEEINNAHMEN IN MEHREREN SZENARIEN 3 04.05.20 freie Spielräume für Investitionen – sogar um 37 Prozent. In der aktuellen Krise kann daher erneut von starken Investitionsrückgängen ausgegangen werden. Wie hoch diese tatsächlich werden, wird die Entwicklung der nächsten Monate zeigen. Gerade für die rasche Sicherung und Wiederherstellung von Arbeitsplätzen sind die kommunalen Investitionen jedoch von hoher Bedeutung. Schließlich sind die Gemeinden für 30 Prozent der öffentlichen Investitionen verantwortlich.
Was wäre nun zu tun?
Eine Lösung für Gemeinden muss an zwei Hebeln ansetzen. Erstens braucht es kurzfristige Entlastungsmaßnahmen, um die Liquidität der Gemeinden zu sichern. Dies betrifft etwa ein Unterstützungspaket des Bundes, um zumindest die Rückgänge in der Kommunalsteuer, besser auch bei den Ertragsanteilen, abzufedern.
Zweitens müssen die Gemeindefinanzen langfristig wieder stabilisiert werden. Hierzu wird es einerseits ein kommunales Investitionspaket benötigen, jedenfalls mit den Schwerpunkten Arbeitsplatzsicherung in der Region und Klimaschutz. Andererseits wird es auch Entlastungen im Finanzausgleich benötigen, insbesondere auch zwischen Ländern und Gemeinden.