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Rien ne va plus? Über die Blackout-Vorsorge in Städten und Gemeinden

Phasen eines Blackouts
Phasen eines Blackouts
Pyramide organisierte Hilfe - Selbsthilfe Basis groß
Pyramide organisierte Hilfe - Selbsthilfe Basis groß

Das Thema Blackout-Vorsorge hat spätestens mit der bisher zweitschwersten Großstörung im europäischen Stromversorgungssystem am 8. Jänner 2021 eine erhöhte Aufmerksamkeit erhalten. Bereits die Coronakrise hat gezeigt, dass bis jetzt als sicher und unumstößlich geltende Annahmen binnen weniger Tage auf den Kopf gestellt werden können. Dabei war der Krisenverlauf der Coronakrise noch harmlos im Vergleich zu dem, was uns drohen könnte, sollte es wie zu erwarten und auch vom Österreichischen Bundesheer im März 2021 erneut bestätigt, binnen der nächsten fünf Jahre zu einem europaweiten Strom-, Infrastruktur- sowie Versorgungsausfall („Blackout“) kommen.

Im März 2020 haben wir erstmals leere Regale erlebt und dies nur, weil Menschen mehr als gewöhnlich eingekauft haben. Die gesamte Versorgungslogistik hat aber weiterhin funktioniert. Bei einem Blackout wäre das alles anders. Von einem Augenblick auf den anderen würde alles stillstehen. Es funktioniert keine Beleuchtung, kein Handy, keine Kasse, keine Tankstelle, kein Bankomat, kein Aufzug, keine Heizung, keine Kühlung mehr. Alles kommt zum abrupten Stillstand. Und auch, wenn der Stromausfall (Phase 1) wie in Österreich zu erwarten nur rund einen Tag dauern sollte, während man in anderen Ländern mit rund einer Woche rechnen muss, wird es noch Tage dauern, bis die Telekommunikationsversorgung, also Handy, Festnetz und Internet, wieder halbwegs stabil funktionieren wird (Phase 2). Und erst dann kann die Produktion und Warenverteilung wieder umfangreicher anlaufen. Das bedeutet, dass wir mit einer Wiederversorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen frühestens ab der zweiten Woche rechnen sollten. Ganz abgesehen von den vielschichtigen internationalen Verflechtungen, welche in vielen Bereichen zu weiteren Verzögerungen führen werden.

Gleichzeitig wissen wir aus Untersuchungen, dass sich rund ein Drittel der Bevölkerung maximal vier Tage und ein weiteres Drittel maximal eine Woche lang ausreichend selbst versorgen wird können. Das betrifft auch das Personal der Einsatzorganisationen oder jener Unternehmen, die einen Notbetrieb aufrechterhalten können sollten oder die Systeme wieder hochfahren müssten. Aber wenn die eigene Familie nicht ausreichend selbst versorgt ist und in Sicherheit gewähnt wird, wird das Personal nicht in die Arbeit kommen. Eine Teufelsspirale beginnt sich zu drehen.

Blackout-Vorsorge ist mehr als Notstromversorgung

Daher ist eine Notstromversorgung in der Gemeinde wichtig, aber damit kann nur ein kleiner Teilaspekt der absehbaren Probleme adressiert werden. Denn die wirklichen Herausforderungen beginnen erst ab dem zweiten Tag, wenn der Strom hoffentlich bereits wieder fließt, aber die Kommunikation weiterhin nicht möglich ist und die Versorgung nicht funktioniert. Daher bedeutet eine umfassende Blackout- und Krisenvorsorge deutlich mehr als das, was bisher in vielen Gemeinden gemacht wurde.

Es geht in der Gemeinde vor allem um die Strukturerhaltung und -schaffung, damit der soziale Zusammenhalt möglichst lange erhalten bleibt. Dazu ist es notwendig, die Menschen aufzuklären und zur Eigenversorgung aufzufordern, damit sich möglichst viele Menschen zumindest zwei Wochen autark und ohne Einkaufen gehen zu müssen, selbst versorgen können (siehe etwa die Artikelserie für die Gemeindezeitung).

Das betrifft 2 Liter Wasser pro Person und Tag, für 3-5 Tage, sollte es während des Stromausfalles auch ein Problem bei der Wasserversorgung geben, was trotz der Vorsorge der Wasserversorgungsverbände nie ausgeschlossen werden kann. Nach dem Stromausfall kann auch wieder gekocht aber nicht eingekauft werden. Daher sind Lebensmittelvorräte mit Nudeln, Reis oder Konserven für zwei Wochen unverzichtbar. Das Gleiche gilt für wichtige Medikamente, Kleinkinder- oder Haustiernahrung. Taschenlampen, ein batteriebetriebenes Radio, Erste-Hilfe-Ausrüstung, Müllsäcke und sonstige wichtige Hilfsmittel, die man dann brauchen könnte, runden das Ganze ab. Einfach, was man auf einen zweiwöchigen Campingurlaub mitnehmen würde (siehe dazu auch die Hilfestellungen der Zivilschutzverbände).

Umsichtige Vorbereitung für den Ernstfall

Durch den mehrtägigen Ausfall der Telekommunikationsversorgung ist es besonders wichtig, dass in der Gemeinde dezentrale Anlaufstellen, etwa Selbsthilfe-Basen vorbereitet werden, damit die Menschen auf kurzem Weg einen Notruf absetzen können. Zum anderen geht es darum, über diese Drehscheibe die Selbsthilfe in der Nachbarschaft zu mobilisieren und organisieren, denn keine Einsatzorganisation oder Gemeinde kann in einem solchen Fall allen Menschen helfen. Diese sollten durch die Gemeinde festgelegt und etwa über die Gemeindezeitung an die Bevölkerung kommuniziert werden. Für die Vorbereitung und eine rasche Herstellung der Betriebsfähigkeit unmittelbar nach dem Beginn eines Blackouts ist die Nominierung einer hauptverantwortlichen Person oder Organisation erforderlich. Das können Gemeindemitarbeiter*innen, Gemeinderäte oder Vereine sein. Der weitere Betrieb soll dann mit Unterstützung aus der lokalen Bevölkerung oder mit Vereinen erfolgen, denn es geht nicht nur um einen Tag. Wir sollten uns darauf einstellen, dass ein solcher gesellschaftlicher Notbetrieb durchaus über zwei Wochen erforderlich sein könnte, da niemand weiß, wie lange es wirklich dauern wird, bis wieder eine halbwegs absehbare Normalität beginnen wird (Phase 3).

Bestehende Hilfestellungen nutzen

Damit eine ganzheitliche Blackout-Vorsorge gelingt, stehen bereits umfangreiche Hilfestellungen, wie etwa die des Autors, zur Verfügung. Der Zivilschutzverband Steiermark bietet seit Anfang Februar 2021 die steirische Blackout Arbeitsmappe für Gemeinden kostenlos an. Diese Arbeitsmappe ist die umfangreichste Hilfestellung, die es zum Thema Blackout-Vorsorge in Gemeinden gibt. Mit 300 Fragestellungen wird man durch alle möglichen Bereiche der Blackout-Vorsorge in einer Gemeinde geleitet. Damit gelingt es, eine ganzheitliche und funktionierende Blackout-Vorsorge sicherzustellen.

Zusätzlich stellt der Österreichische Städtebund gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV) die Austauschplattform für die kommunale Blackout-Vorsorge zur Verfügung. Ein derartiges Forum hat sich bereits in der Corona-Krise bewährt und soll den Austausch bei der Blackout-Vorsorge erleichtern. Nicht jede Gemeinde muss das Rad neu erfinden. Die Teilnahme ist mit einer einfachen Registrierung auf der Startseite möglich.

Erste Schritte einleiten

Bei der Blackout-Vorsorge geht es nicht darum, alles abzusichern, sondern sich zuerst einmal der eigenen Verwundbarkeit, aber auch der Möglichkeiten zur Bewältigung bewusst zu werden. Viele Vorsorgemaßnahmen brauchen nur etwas Zeit für die Auseinandersetzung und für Absprachen und sind ohne hohe Kosten zu realisieren. Sie müssen nur jetzt angegangen werden, denn in der Krise gibt es kein „zum Hörer greifen“ und ad hoc improvisieren, wie wir das aus vielen anderen Krisen gewohnt sind. Alles, was nicht jetzt vorbereitet wird und vor Ort zur Verfügung steht, wird nicht verfügbar sein. Lassen wir es nicht darauf ankommen und sorgen wir dafür, dass wir möglichst lange in einer solchen absehbaren Krise handlungsfähig bleiben.

Weiterbildung zur Blackout-Vorsorge

Das KDZ bietet seit Herbst 2020 den Workshop „Blackout-Vorsorge in Gemeinden und Städten mit dem internationalen Blackout- und Krisenvorsorgeexperten Herbert Saurugg an. Was zuerst als Versuch geplant war, wurde aufgrund der großen Nachfrage mittlerweile bereits sechsmal durchgeführt.

Die Teilnehmer*innen hatten sehr unterschiedliche Hintergründe, von Vertreter*innen kleiner Marktgemeinden bis mittelgroße Städte, von Neueinsteiger*innen bis bereits erfahren, von Sachbearbeiter*in über Feuerwehrkommandant bis hin zu Bürgermeistern. Das Feedback war sehr positiv und alle konnten etwas mitnehmen. Auch jene, die sich bereits intensiver in der eigenen Gemeinde mit dem Thema Blackout-Vorsorge beschäftigt hatten, bestätigten, dass das Seminar auch für Sie noch neue Aspekte und Blickwinkel und damit einen Mehrwert gebracht habe.

Werfen Sie einen Blick in den KDZ-Weiterbildungsbereich und finden Sie den nächsten Workshop zum Thema.

 

Zum Autor:

Herbert Saurugg ist internationaler Blackout- und Krisenvorsorgeexperte, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV), Autor zahlreicher Fachpublikationen sowie gefragter Keynote-Speaker und Interviewpartner zu einem europaweiten Strom-, Infrastruktur- sowie Versorgungsausfall. Er beschäftigt sich seit 10 Jahren mit der steigenden Komplexität und Verwundbarkeit lebenswichtiger Infrastrukturen sowie mit den möglichen Lösungsansätzen, wie die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern wieder robuster gestaltet werden kann. Er betreibt dazu einen umfangreichen Fachblog unter www.saurugg.net und unterstützt Gemeinden, Unternehmen und Organisationen bei der Blackout-Vorsorge.

Milluks Kerstin
Kerstin Milluks | Bundesministerium für Inneres (Deutschland)
Die CAF-Webinare und die Kooperation mit dem KDZ haben uns dabei sehr unterstützt, das Qualitätsnetzwerk der öffentlichen Verwaltung in Deutschland zu stärken.
Petra Holl
Amtsleiterin Petra Holl | Oberalm
Die Teilnahme an Seminaren des KDZ bedeutet für meine Mitarbeiter*innen und mich, gut vorbereitet auf die Herausforderungen der täglichen Arbeit zu sein.
Mag. Thomas Wolfsberger
Mag. Thomas Wolfsberger | Finanzdirektor der Stadt St. Pölten
Das KDZ und die Stadt St. Pölten arbeiten seit vielen Jahren bei Projekten erfolgreich zusammen. Wir setzen bei vielen Fachfragen auf die Expertise des KDZ.

Leistungen

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Europäische Governance und Städtepolitik

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