Bereits seit Jahrzehnten wird an Reformen zur Grundsteuer vergeblich gearbeitet. Dank der Verwendung längst veralteter Einheitswerte besteht nun permanent die Gefahr, dass die Grundsteuer vom Verfassungsgerichtshof gekippt wird. Der Handlungsdruck ist daher hoch.
Mit dem Finanzausgleichsgesetz 2017 war zuletzt ein ernsthafter Versuch einer Grundsteuerreform unternommen worden. Das Paktum sah vor, dass eine Arbeitsgruppe bis Mitte 2017 eine Stärkung der Abgabenautonomie der Gemeinden durch eine Reform der Grundsteuer vorbereiten soll. Die Arbeitsgruppe stand unter der Leitung des Finanzministeriums, weiters nahmen Vertreter*innen von Gemeinde- und Städtebund an mehreren Arbeitsgruppensitzungen teil, letztlich jedoch ohne Ergebnisse. Wie der Rechnungshof im Bericht 17 aus dem Jahr 2021 feststellte, kam es „aufgrund der divergierenden Ansichten der Finanzausgleichspartner (…) nach 2017 zu keinen weiteren Arbeitsgruppentreffen“[1].
Das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Ende 2021 auslaufen sollte, ist kürzlich stillschweigend ohne jegliche parlamentarische Debatte bis Ende 2023 verlängert worden. Damit ist auch die Debatte zur Grundsteuerreform erneut aufgeschoben.
In einem Beitrag im Öffentlichen Haushaltswesen (ÖHW) haben wir uns intensiver mit der Grundsteuerreform beschäftigt. Die bisherigen Ansätze der Grundsteuerreform in Österreich, aber auch in Deutschland werden dort dargestellt, und entscheidende Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes angeführt. Im Folgenden werden einige zentrale Ergebnisse dargestellt. Bei Interesse kann der vollständige ÖHW-Beitrag in der aktuellen Ausgabe der der ÖHW auf der Website des ÖHW oder hier nachgelesen werden.
Nutzen und Problematik der Grundsteuer
Die Grundsteuer ist seit Jahrhunderten eine bewährte Steuer. In ihrer jetzigen Form wurde sie Anfang des Jahres 1956 in Österreich eingeführt. Sie ist eine der beiden ausschließlichen Gemeindeabgaben, die gemäß der Finanzverfassung 1948 das finanzielle Fundament der Gemeindeautonomie bilden sollen. Die Steuer wird in zwei Formen erhoben: Mit der Grundsteuer A besteuert man die land- und forstwirtschaftliche Produktion, mit der Grundsteuer B die gewerblich-industrielle Produktion und das Wohnen. Besteuert wird die Verwendung der Grundstücke, wofür die Finanzverwaltung einen Einheitswert für jedes einzelne Grundstück festlegt. Das jährliche Aufkommen ist von konjunkturellen Schwankungen nur wenig abhängig, auch sind im Vergleich zu anderen Steuern geringe negative Auswirkungen auf das wirtschaftliche Wachstum gegeben. Daher ist diese Steuer für die Finanzierung der Gemeindeaufgaben prinzipiell gut geeignet.
Allerdings entwickelt sich das Steueraufkommen vor allem der Grundsteuer B seit Mitte der 1970er-Jahre wenig dynamisch, da die Einheitswerte der Grundstücke für Betriebs- und Wohnzwecke – im Weg von regelmäßig durchgeführten Hauptfeststellungen – nicht mehr an die Entwicklung der unterschiedlich steigenden Grundpreise angepasst worden sind. Im Jahr 2019 belief sich der Ertrag aus dieser Steuer auf 714 Mio. Euro; dies entspricht einem Anteil von 0,18 Prozent des BIP bzw. von 2,3 Prozent der gesamten laufenden Gemeindeeinnahmen. 1975 lag der Anteil am BIP noch bei 0,3 Prozent. Es zeigt sich daher ein deutlicher Bedeutungsverlust, und dies, obwohl die seither steigenden durchschnittlichen Wohnungsgrößen sowie Einwohnerzahlen für einen ständig steigenden Anteil sprechen würden.
Neben der geringen Aufkommensdynamik ist die Grundsteuer noch mit weiteren Problemen behaftet:
- vielfache Befreiungstatbestände (gemäß Grundsteuergesetz oder landesgesetzlicher Regelungen)
- hoher Verwaltungsaufwand für die periodische Anpassung der Einheitswerte
- Gefahr der Verfassungswidrigkeit (wegen einer drohenden künftigen Gleichheitswidrigkeit der Einheitswerte aufgrund regional unterschiedlich steigender Grundpreise)
- Beschränkung der Gemeindeautonomie (unzureichende Beiträge zur Finanzierung der Gemeindeaufgaben aus eigenen Steuern) und damit verbundene demokratiepolitische Bedenken
Vielzahl an bisher gescheiterten Reformansätzen
In den letzten 15 Jahren gab es eine Reihe an teils sehr konkreten Reformansätzen. 2008 wurde mit dem KDZ-/Grazer-Modell ein wertorientiertes Flächenmodell entwickelt, welches die Nutzung verschiedenster Grundstücksarten berücksichtigt. Um auch eine Wertkomponente zu integrieren, wurden Grundsteuerzonen definiert und mit Verkehrswerten (Kaufpreissammlung) verknüpft. 2014 folgte das Altlengbacher Modell, welches auch eine Gebäudebewertung enthielt. Mit dem Finanzausgleichsgesetz 2017 wurde eine eigene Arbeitsgruppe mit der Grundsteuerreform beauftragt, aber erneut ohne Erfolg. 2019 veröffentlichte die Juristin Hörtnagl-Seidner einen Vorschlag für ein wertunabhängiges Flächenmodell.
Reformansätze: Wertmodell oder Flächenmodell?
Finanzwissenschaftlich, aber auch in der finanzwirtschaftlichen Praxis der meisten gut entwickelten Staaten ist es unbestritten, dass eine ausreichend bzw. stärker ergiebige Grundsteuer Teil der Gemeindefinanzierung bilden sollte. In den OECD-Mitgliedsstaaten reichte in der Dekade von 2010 bis 2020 die Bandbreite für das Aufkommen an Grundsteuer von 3 Prozent des BIP und mehr (in Großbritannien, Kanada, USA, Spanien) bis unter 0,2 Prozent (Griechenland, Österreich, Schweiz). Aus dieser finanzwirtschaftlichen Sicht sprechen sich nationale Expert*innen verstärkt für eine Besteuerung von Immobilien[2] (mit Bezug zu den Verkehrswerten) und damit auch für eine erhöhte Finanzautonomie der Gemeinden aus.[3] Dies muss nicht zu einer Ausweitung der Steuerquote führen, weil auch eine korrespondierende Reduzierung des Anteils der Gemeinden am Steuerverbund im Weg des Finanzausgleichs möglich wäre. Jedenfalls sollte damit eine verbesserte und nachhaltige Ergiebigkeit einer auch an Verkehrswerten orientierten Grundsteuerbemessung möglich sein, da ein positiver Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftswachstum und dem gesamten Bestand an Grund- und Immobilienvermögen gegeben ist.
Ein zweiter Reformansatz besteht darin, die von Aufhebung durch den VfGH bedrohten Einheitswerte zu überdenken und eine Neugestaltung der Steuerbasis für die Besteuerung der Grundstücke (Grundsteuer B) vorzunehmen. Dies betonte kürzlich der Rechnungshof der dabei auch die verwaltungsökonomische Problematik der Aktualisierung der Einheitswerte im Auge hat.
Im Kern geht es um ein vereinfachtes und verfassungsrechtlich haltbares Modell der Grundsteuer mit einem einfachen Bezug zur (bebauten) Fläche der Grundstücke („Flächenmodell“).[4]
Lernen von der Grundsteuerreform in Deutschland
Hinsichtlich der Weiterentwicklung der Grundsteuer lohnt dabei ein Blick nach Deutschland. Dort wurde im Jahr 2018 eine ähnlich wie in Österreich konstruierte Grundsteuer durch das Deutsche Verfassungsgericht aufgehoben. In Deutschland liegt hierzu bereits seitens des Bundes ein Gesetzesentwurf vor. Dieser sieht ein am Grundstücks- und am Gebäudewert orientiertes Modell vor, wobei jedoch den Bundesländern die Möglichkeit eingeräumt wird, eigene Grundsteuergesetze zu erlassen. Dies wird von einigen Ländern (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen) genutzt, wobei wertorientierte und flächenorientierte Konzepte diskutiert werden.
Bodenpolitische und verwaltungsökonomische Ziele bei einer Reform berücksichtigen
Bei einem künftigen Reformprozess der Grundsteuer sollten jedenfalls auch die bodenpolitischen und verwaltungsökonomischen Ziele berücksichtigt werden. So wären Effizienzen durch ein Zusammenführen der Grundsteuer B mit anderen an Grund und Boden anknüpfenden Abgaben möglich – etwa mit der relativ aufkommensstarken Grunderwerbsteuer und der Bodenwertabgabe (eine Bagatellsteuer). Bei der Grundsteuer signalisieren die Gemeinden (Städtebund und Gemeindebund) seit Jahren dem Bund, dass die Gemeinden den Vollzug einer reformierten Grundsteuer in weit größerem Ausmaß als bisher übernehmen könnten, was für den Bund Verwaltungseinsparungen mit sich brächte. Die Zuständigkeit für die Regelung der Grundsteuer liegt gemäß Finanzverfassung 1948 beim Bund.
Dazu kommen noch Lenkungssteuern, wie die Zweitwohnsitzabgaben der Bundesländer Kärnten und Vorarlberg, der oberösterreichische Erhaltungsbeitrag für unbebaute Grundstücke im Bauland gemäß § 28 Oö Raumordnungsgesetz 1994 und die Baulandabgabe im § 77b des Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 zur besseren Ausnutzung des gewidmeten Baulandes[5] (und damit auch ein Bemühen um sparsameren Verbrauch der Ressource Boden). Auch diese bereits bestehenden Abgaben könnten in eine Grundsteuer überführt werden, um auch lenkungspolitische Zielsetzungen für einen sparsameren Bodenverbrauch zu berücksichtigen. So wäre etwa eine Grundsteuer C möglich, welche eigene Steuersätze für unbebaute Baugrundstücke hat und damit zur Aktivierung von Baulandreserven beitragen kann.
Abschließende Bemerkungen
Diese Betrachtung von Reformansätzen macht deutlich, dass es vor einer weiteren Konkretisierung und Präzisierung von Alternativen einer reformierten Grundsteuer einer politischen Zielbestimmung bedarf. Es geht dabei um Priorisierung der verschiedenen Ziele, denn – wie gezeigt – ist die Ergiebigkeit des Steueraufkommens nicht das einzige Ziel. Vielmehr bestehen auch Vorstellungen über verschiedene nachhaltige Wirkungen der Steuer – auf die Einkommensverteilung (z.B. durch Abschaffen der Überwälzbarkeit der Grundsteuer auf die Betriebskosten von Wohnungen), auf die Einhaltung der Verfassung, auf den Bodenverbrauch, auf verwaltungsökonomische Lasten- und Nutzenbetrachtungen und nicht zuletzt auch auf die Qualität des Föderalismus (Sicherung der Gemeindeautonomie). Dies erfordert politisches Abwägen und eine finanzausgleichspolitische Grundsatzdebatte – auf Augenhöhe mit allen Partnern des Bundes, also den Vertreter*innen der Länder und der Gemeinden. Trotz mehrfacher Absichtsbekundungen sind keine derartigen Initiativen des Bundes erkennbar; es mangelt an politischem Willen des einen oder anderen Partners bzw. es bestehe eine unzulängliche Organisation und Verhandlungsführung.
Vor dem Hintergrund der nach wie vor hohen Reformnotwendigkeit sollte die Zeit bis zu den nächsten Finanzausgleichsverhandlungen Ende 2023 genutzt werden, um eine entsprechende Reform vorzubereiten. Damit den weiteren Bemühungen nicht das gleiche Schicksal wie den bisherigen Reformprozessen ereilt, braucht es – wie es auch der Rechnungshof klar formuliert hat – „einen Ausgleich zwischen den verfassungsrechtlichen Anforderungen und der Berücksichtigung der Administrierbarkeit (, wobei es) (….) in Reformbereichen, bei denen (noch) kein grundlegendes Einvernehmen über die inhaltliche Ausgestaltung besteht, zunächst Umsetzungsoptionen als Entscheidungsgrundlage auszuarbeiten wären.“[6] Dazu erscheint ein verbessertes Projektmanagement des Reformprozesses hilfreich.
Eine reformierte Grundsteuer B (von den Grundstücken) würde einem wichtigen finanzausgleichspolitischen Grundsatz entsprechen, nämlich einer erhöhten Konnexität, also der Zusammenführung von Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung der Gemeinden und damit einer verbesserten Effektivität dienen.
Die Autor*innen stehen für Fragen gerne zur Verfügung.
Quellen:
[1] Siehe Rechnungshof: Reformprojekte im Rahmen des Finanzausgleichs, Reihe Bund 2021/17, S. 57.
[2] Siehe z.B. Studie im Auftrag des BMF von Strohner/Berger/Graf/Schuh „Abgabenhoheit auf Länder- und Gemeindeebene“ (2014): „Eine Stärkung der Abgabenautonomie könnte mit einer Ausweitung des Aufkommens aus der Grundsteuer verbunden werden. Eine Erhöhung der Einnahmen aus der Grundsteuer auf 0,5 Prozent des BIP wie in Deutschland könnte aus unserer Sicht eine plausible Zielgröße sein“ (S. 83).
[3] Siehe Studie WIFO und KDZ von Pitlik/Schratzenstaller/Bauer/ Biwald/ Haindl „Optionen zur Stärkung der Abgabenautonomie der österreichischen Gemeinden“ (2012): „Die Einführung eines Bewertungsverfahrens, das die steuerlichen Einheitswerte an die tatsächlichen Verkehrswerte annähert, impliziert erhebliche Mehreinnahmen der Kommunen. Unter der Prämisse, dass die Gesamtabgabenquote konstant gehalten werden soll, ermöglichen diese Mehreinnahmen eine entsprechende Reduktion der Ertragsanteile des Bundes an die Gemeinden und damit Steuersenkungen bei einer oder mehrere gemeinschaftlichen Bundesabgaben“ (S. 73).
[4] Siehe etwa den Vorschlag von Hörtnagl-Seidner (im Buch „Die Grundsteuer auf dem Prüfstand“ aus 2019) der nur auf die Grundstücksfläche und die Bebauungsdichte laut Bebauungsplan abstellt und damit auf eine Gebäudebewertung verzichtet.
[5] Siehe Bauer, Bodenpolitik neu ausrichten – aber wie? (Dillinger/Getzner/Kanonier/Zech (Hrsg.), Jahrbuch Raumplanung, 2020, S. 579.
[6] Siehe Rechnungshof: Reformprojekte im Rahmen des Finanzausgleichs, Reihe Bund 2021/17, S. 58.
Download des vollständigen Beitrags in der ÖHW: