Fakt 1: Es bestehen vielfältige Transferbeziehungen zwischen Ländern und Gemeinden
Im österreichischen Föderalismus bestehen gemeinschaftliche Verantwortungen in mehreren Aufgabenfeldern. Auch zwischen Ländern und Gemeinden gibt es daher mehrfach Aufgaben- und Finanzierungsverflechtungen, welche sich auch in einem komplexen Transfersystem niederschlagen.
Auf der Einnahmenseite der Gemeinden finden sich die Gemeinde-Bedarfszuweisungen sowie Landesförderungen. Bei ersteren handelt es sich um einen Vorwegabzug bei den Gemeinde-Ertragsanteilen im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes. Dieser Betrag wird den Ländern überwiesen, welche diesen wiederum, nach unterschiedlich festgelegten Regeln je Bundesland, an die Gemeinden weitergeben. Diese Mittel werden primär für Investitionszuschüsse oder für den Haushaltsausgleich (für Gemeinden, die kein ausgeglichenes Budget haben) verwendet. Daneben nehmen Länder auch Gelder aus dem Landesbudget zur Hand. Dies sind etwa Ko-Finanzierungen im Kinderbetreuungsbereich. Zusätzlich werden auch Bundesmittel (etwa der 15a-Vereinbarungen zum Ausbau der Kinderbetreuung) über die Länder an die Gemeinden weitergegeben.
Auf der Ausgabenseite der Gemeinden zeigen sich drei große Umlagen. Größtes Gewicht haben die Sozialhilfeumlagen. Hier müssen die Gemeinden je nach Bundesland zwischen 30 und 50 Prozent der Sozialhilfeausgaben des Landes ko-finanzieren. Ebenfalls hohes Gewicht hat die Krankenanstaltenumlage, welche – mit Ausnahme der Steiermark – in allen Bundesländern eingehoben wird. Die Gemeinden tragen hier zwischen 10 und 40 Prozent der Betriebsabgänge der Krankenanstalten. Die dritte, betragsmäßig weniger relevante Umlage ist die Landesumlage. Gemäß Finanzausgleichsgesetz 2017 darf diese maximal 7,66 Prozent der ungekürzten Ertragsanteile betragen.
Die Transfers von den Gemeinden an die Länder sind (mit 3,98 Mrd. Euro im Jahr 2021) deutlich höher als die Transfers von den Ländern an die Gemeinden (mit 1,75 Mrd. Euro im Jahr 2021). In den letzteren sind 1,1 Mrd. Euro an Gemeinde-Bedarfszuweisungen – daher eigentliche Gemeindemittel – enthalten. In Summe liegt der Transfersaldo daher bei 1,76 Mrd. Euro (ohne Berücksichtigung, dass die Gemeinde-Bedarfszuweisungen eigentlich Gemeindemittel sind).
Anmerkung: * Die hier dargestellten, gemäß BMF berechneten Ertragsanteile nach Vorwegabzug der Gemeinde-Bedarfszuweisungen weichen von den verbuchten Werten der Gemeinden aufgrund von unterschiedlichen Abrechnungsperioden ab.
Fakt 2: Derzeitige länderinterne Transfersysteme sind derart gestaltet, dass sie die Finanzierungsspielräume der kommunalen Daseinsvorsorge kontinuierlich reduzieren.
Die Ertragsanteile, welche die Gemeinden als Anteil an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben (z.B. Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer) erhalten, werden von den Ländern an die Gemeinden abzüglich der Umlagen überwiesen. Dies bedeutet, dass im Jahr 2021 den Gemeinden (ohne Wien) Ertragsanteile in der Höhe von 7,6 Mrd. Euro zustanden. Allerdings kamen bei den Gemeinden nur 3,6 Mrd. Euro an, da die Umlagen (und weitere Transfers an die Länder) in der Höhe von 4,0 Mrd. Euro vor Auszahlung abgezogen werden. Das bedeutet, dass 53 Prozent der Ertragsanteile der Gemeinden direkt an die Länder gehen und damit nicht für die kommunale Daseinsvorsorge zur Verfügung stehen. Auch unter Berücksichtigung der Transfers der Länder an die Gemeinden beträgt der Transfersaldo 33 Prozent der Ertragsanteile, die den Gemeinden bei den Einnahmen fehlen.
Hinzu kommt, dass sich die Transfers an die Länder deutlich stärker entwickeln als die Ertragsanteile. So erhöht sich der Anteil an Gemeinde-Ertragsanteilen, welche im Rahmen der Transfers von den Ländern einbehalten werden, Jahr für Jahr. 2012 etwa lag der Anteil nur bei 50 Prozent.
Damit zeigt sich ein strukturelles Problem für die Gemeindefinanzen, da den Gemeinden Jahr für Jahr weniger Mittel für die kommunale Daseinsvorsorge verbleiben.
Fakt 3: Die Ausgabensteigerungen in den Bereichen von Soziales und Gesundheit werden von Ländern und Gemeinden gemeinsam getragen.
Im Wege der Umlagen tragen Gemeinden wesentlich zur Finanzierung der Bereiche Soziales und Gesundheit bei. Eine vom WIFO 2020 durchgeführte Studie zum vertikalen Finanzausgleich bestätigt einen „hohen strukturellen Ausgabendruck der österreichischen Länder und Gemeinden.“ So liegt die Ausgabendynamik auf Ebene von Ländern und Gemeinden merklich über jener des Bundes. Wesentliche Treiber der hohen Dynamik auf subnationaler Ebene sind die Bereiche Gesundheit, Soziales, und Bildung.
Die starken Ausgabensteigerungen betreffen daher nicht nur die Gemeinden, sondern auch die Länder. Dies ist regelmäßig auch Thema bei den Finanzausgleichsverhandlungen. Bei den Verhandlungen zum Finanzausgleichsgesetz 2024 werden konsequenterweise sowohl von den Ländern als auch vom Österreichischen Städtebund und dem Gemeindebund mehr Mittel gefordert.