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Ist die kommunale Daseinsvorsorge in Zukunft noch finanzierbar?

Die Schlagzeilen sind alarmierend. Trotz ausreichend Absolventinnen und Absolventen der Elementarpädagogik verbleiben viel zu wenig Personen in diesem Beruf. Schlechte Arbeitsbedingungen, zu große Gruppen und eine niedrige Bezahlung machen das Berufsfeld unattraktiv. Auch bei den Ganztagsschulen brennt der Hut. Der Ausbau der Ganztagsschulen geht zu langsam voran, die gesteckten Ziele zur Chancengleichheit für Schülerinnen und Schüler können nicht erreicht werden.

Derzeit hoch aktuell sind die Diskussionen zur Energiekrise. Die Gemeinden können sich die steigenden Energiepreise nicht mehr leisten. Die Schließung von kommunalen Einrichtungen – wie etwa von Hallenbädern – oder Leistungskürzungen – wie etwa die Reduktion der Raumtemperatur in Schulen – stehen im Raum.

Ein wichtiger Schritt zur Bewältigung des Klimawandels war die Einführung des Klimatickets. Immer mehr Menschen wollen nun öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Es fehlen jedoch Fördertöpfe, um den in den Städten notwendigen Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel voranzutreiben. Die Folge ist ein Investitionsrückstau.

Vielfältige kommunale Daseinsvorsorge

Die genannten vier Beispiele betreffen die kommunale Daseinsvorsorge, welche sehr vielfältige Aufgabenfelder umfasst.

Abbildung 1: Aufgabenfelder der kommunalen Daseinsvorsorge
Abbildung 1: Aufgabenfelder der kommunalen Daseinsvorsorge

Unter kommunaler Daseinsvorsorge kann die Grundversorgung der Einwohnerinnen und Einwohner verstanden werden. Eine eindeutige Definition gibt es dabei nicht. Im weiteren Sinn reicht sie von der Bildung über Kultur bis zur Straßen-, Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur. Ebenso sind die Freizeit- und Sportinfrastruktur mit den Freibädern, Sportplätzen und -hallen sowie den Park- und Grünanlagen hinzuzuzählen. Einen wichtigen Kern der Daseinsvorsorge bildet die Ver- und Entsorgung mit der Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung sowie Abfallbeseitigung. Angesichts der Entwicklungen am Immobilienmarkt ist auch Wohnen als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge zu benennen.

Finanzierung der Daseinsvorsorge

Die Daseinsvorsorge wird teils über Beiträge der Nutzerinnen und Nutzer, teils über Transfers anderer Gebietskörperschaften und teils über den allgemeinen Steuertopf finanziert.

Abbildung 2: Finanzierung der Daseinsvorsorge
Abbildung 2: Finanzierung der Daseinsvorsorge

Je nach Aufgabenfeld variieren dabei die Ausgabendeckungsgrade deutlich. Der Bereich der Ver- und Entsorgung finanziert sich etwa zur Gänze aus Gebühren oder weiteren spezifischen Transfers (etwa Investitionszuschüsse).

Die meisten anderen Bereiche werden überwiegend aus allgemeinen Steuermitteln finanziert. So wird der Bildungsbereich nur zu rund einem Drittel aus Leistungsbeiträgen von den Nutzerinnen und Nutzern oder spezifischen Transfers finanziert. Hierbei handelt es sich um Entgelte zur Nutzung der Kinderbetreuungseinrichtungen oder um Kostenzuschüsse des Landes zu den Personalausgaben der Gemeinden.

Eine Sonderstellung im Bereich der Daseinsvorsorge nehmen die Aufgabenbereiche Soziales und Gesundheit ein. In den meisten Ländern erfolgt hier von den Gemeinden eine verpflichtende Ko-Finanzierung der von den Ländern erbrachten Leistungen. Insbesondere im Sozialbereich erfolgt die Leistungserbringung aber auch auf der Gemeindeebene (meist Gemeindeverbände).

Problemfelder der Finanzierung der Daseinsvorsorge

Während sich die Rahmenbedingungen der Daseinsvorsorge kontinuierlich ändern, kann die Finanzierung nicht mithalten. Dabei zeigen sich insbesondere drei kritische Aspekte.

Erstens zeigt sich eine Krisenanfälligkeit der Gemeindefinanzen generell. Sinken im Zuge von Wirtschaftskrisen die Steuereinnahmen, schlägt sich dies unmittelbar auf die Einnahmen der Gemeinden durch. Die Folge sind einerseits eine sinkende Liquidität, andererseits ein Rückgang im Investitionsbereich. Die ist sowohl nach der Finanzkrise 2009/2010, als auch im Zuge der Covid-Pandemie 2020 erkennbar (siehe Abbildung 3).

Zweitens sinken die finanziellen Spielräume der Gemeinden kontinuierlich, wodurch es zu einer steigenden Konkurrenz zwischen den Aufgabenfeldern kommt. Dies ergibt sich einerseits aus der hohen Umlagendynamik: Müssen mehr Gelder an die Länder für Soziales und Gesundheit gezahlt werden, bleibt weniger Geld für die Daseinsvorsorge. Andererseits ist ein Rückgang der Nutzerfinanzierung erkennbar: Fallen die Einnahmen durch die Nutzerinnen und Nutzer weg, muss ein steigender Anteil durch den allgemeinen Steuertopf finanziert werden. Beispiele hierfür sind etwa der Gratis-Kindergarten, der Wegfall des Pflegeregresses oder das Klimaticket.

Drittens bedarf es einer Erhöhung der Resilienz über den Finanzausgleich. Zu nennen sind insbesondere die Stärkung der Abgabenautonomie der Gemeinden sowie die Entflechtung und Reduktion der Transferbeziehungen zwischen Ländern und Gemeinden.

Abbildung 3: Investitionen, Verschuldung, Finanzkraft vor und nach Transfers, 2009 bis 2020
Abbildung 3: Investitionen, Verschuldung, Finanzkraft vor und nach Transfers, 2009 bis 2020

Resilienz geht über die Finanzierung hinaus

Eine resiliente kommunale Daseinsvorsorge geht jedoch über die Finanzierung deutlich hinaus. Generell geht es darum, sowohl die Robustheit als auch die Anpassungsfähigkeit der Leistungserbringung zu erhöhen. Was das bedeutet, kann anhand der zu Beginn des Beitrags gezeigten Beispiele aufgezeigt werden.

Die oben genannten Probleme der Personalknappheit im Kinderbetreuungsbereich sind in hohem Maße auf die bestehenden Arbeitsbedingungen des pädagogischen Personals zurückzuführen. Die Lösung müssen daher bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne sein. Die Gemeinden können dies jedoch nicht allein lösen. Während der Ausbau der Kinderbetreuung durch den Bund über Anschubfinanzierungen gepuscht wurde, konnten die Finanzierungsinstrumente zur Absicherung des laufenden Betriebes über den Finanzausgleich nicht mithalten. Hier gilt es daher entsprechend anzusetzen.

Komplexer ist die Lage bei Ganztagsschulen. Vielfältige Finanzierungs- und Kompetenzverflechtungen führen zu Ineffizienzen. Das eigentliche Ziel, die Chancengleichheit der Schülerinnen und Schüler zu erhöhen, bleibt auf der Strecke. Um dies zu lösen, braucht es Anpassungen im Konzept, in der Organisation und in der Finanzierung.

Am Beispiel des öffentlichen Verkehrs lässt sich zeigen, dass es differenzierter Steuerungsinstrumente bedarf, um dafür zu sorgen, dass Gemeinden mit der Bereitstellung kommunaler Infrastruktur nicht finanziell überlastet werden. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn es sich wie im Fall des städtischen öffentlichen Verkehrs um eine regionale Versorgungsfunktion handelt. Dies wird im aktuellen Finanzausgleich jedoch vernachlässigt.

Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge geht alle Gebietskörperschaften an

Wie die Beispiele zeigen, geht die Verantwortung für kommunale Daseinsvorsorge weit über die Gemeindeebene hinaus. Sowohl Bundes- als auch Landesebene geben die Rahmenbedingungen der Leistungserbringung der Daseinsvorsorge in hohem Maße vor. Dementsprechend braucht es eine Anpassung im Finanzausgleich, um auch die Finanzierung der Leistungserbringung zu sichern. Eine verbesserte Mehr-Ebenen-Steuerung ist Grundvoraussetzung für die kommunale Daseinsvorsorge.

Der vortrag von Karoline Mitterer kann bei 2h 8min im Video nachgesehen werden.
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