Aktuell ist Künstliche Intelligenz (KI) als „the-next-big-thing“ in aller Munde – auch in der öffentlichen Verwaltung. Die Vision KI als unterstützende bzw. automatisierende Ressource zu nutzen ist selbstverständlich auch richtig – die Potentiale sind groß.
Doch – und dies ist nicht nur in Rathäusern, sondern auch in vielen privaten Betrieben erkennbar – aktuelle Tendenzen muten häufig an, als würde man ein „Wohnzimmer einrichten, bevor überhaupt der Rohbau errichtet ist“.
Was damit gemeint ist!
Vorstehendes lässt sich natürlich nicht als pauschales Dogma der österreichischen Verwaltungslandschaft ausrufen. Allerdings treffen wir im KDZ mehr und mehr auf überaus potente (und oft auch sehr teure) Softwarelösungen, Programme und IT-Tools, welche in ihren technischen Möglichkeiten im Arbeitsalltag nur bruchstückhaft von den Mitarbeitenden genutzt werden (können).
Woran liegt das?
IT-Lösungen versprechen gerne schnelle, einfache Lösungen. Was leider viel zu häufig vergessen wird ist, dass diese erst in eine Organisation eingebettet werden müssen. Gleichzeitig muss sich eine Organisation auch der Diktion von IT-Abläufen – zumindest in Teilen – anpassen. Dies erfordert einen Veränderungsprozess und ein solcher muss wohlüberlegt sein.
Leider ist die Einführung von digitalen Lösungen viel zu häufig ein Schnellschuss. Teure Softwarelösungen werden angeschafft, bei Schulungskosten wird gespart. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass Beschäftigte Funktionalitäten verstehen und lernen müssen, bevor sie in der alltäglichen Praxis angewandt werden. Keine/r von uns könnte mit einem Fahrzeug rückwärtsfahren, wüssten wir nicht, dass es einen Rückwärtsgang gibt. Was banal klingen mag, ist in der IT-Realität leider viel zu oft ein wesentliches Problem bei der Nutzung von digitalen Anwendungen.
D.h. wir müssen Mitarbeitende schulen, Abläufe erklären, Veränderungen benennen und gemeinsam Lösungen finden. Aufgezwungene oder verordnete Software-Abläufe ohne Berücksichtigung von betrieblichen Realitäten können auch zu Widerständen führen – v. a. wenn das Nutzungsversprechen nicht eingehalten werden kann. Umso bedeutsamer sind umfassende Schulungen, wenn man berücksichtigt, dass die Altersdemographie in öffentlichen Verwaltungen tendenziell hoch ist, denn Babyboomer sind nicht immer „digital natives“.
Ohne Regeln geht es nicht!
Und zuletzt wird auch gerne vergessen – ein Regelkorsett zu schnüren, welches die Rahmenbedingungen der digitalen Arbeit definiert, ausspricht und einfordert. Im analogen Arbeiten gab und gibt es genau solche Vorschriften, die einheitliche Aktenpläne, Skartierungsfristen, Delegationsverordnungen, Vertretungsregelungen und vieles mehr normieren. All dies gilt es auch in die digitale Zusammenarbeit zu übersetzen – idR. spricht man von Governance-Regelungen. Diese bieten Orientierung und Nachvollziehbarkeit, anstatt lfd. Ermessensentscheidungen von Mitarbeitenden zu fordern (und dann zu kritisieren). Diese vorbereitende, strukturierende Transformationsarbeit ist (mitunter sehr mühsame) Führungsarbeit!
Was ist also zu tun?
Bevor die Künstliche Intelligenz „alles“ revolutionieren wird, müssen Organisationen lernen die Potentiale des digitalen Arbeitens konsequent auszunutzen. Hier liegen massive, ungenutzte Möglichkeiten in Sachen Effizienz und auch Kostenreduktion. Gerade in Zeiten von immer geringer werdenden finanziellen Mitteln ist dies von besonderer Relevanz.
Punkt 1: Wir müssen verstehen, dass Digitalisierung mit wesentlichen Veränderungen von organisatorischen Strukturen und Abläufen einhergeht. Diese Veränderung muss strukturiert erfolgen und aktiv gesteuert werden.
Punkt 2: Mitarbeitende (und natürlich auf Führungskräfte) müssen im Umgang mit den neuen Werkzeugen geschult werden. Sie müssen verstehen, was alles möglich ist und wie die Programme funktionieren. Und sie müssen auch in die Umsetzung eingebunden werden. Wenn Menschen an Projekten selbst arbeiten und Verantwortung übernehmen, wird es zu gewissen Ausmaßen auch „ihr Baby“, welches sie selbst mitentwickelt haben.
Punkt 3: KI ermöglicht vieles in Sachen Prozessautomatisierung, Unterstützung im Wissensmanagement und vieles mehr. Es wird jedoch auch zukünftig nicht ohne den Menschen gehen.